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Tag des offenen Hofes auf dem Zwinkhof

Tag des offenen Hofes auf dem Zwinkhof

Tag des offenen Hofes auf dem Zwinkhof

Information
Bürger | veröffentlicht am: 29 Juni 2022 | bearbeitet am: 26 Juni 2022

Tier und Technik 

Pünktlich um 10 Uhr war alles fertig: der Stall gefegt, die Fenster geputzt, die Kälbchen versorgt, das Zelt aufgebaut und die Verpflegung für die Gäste durch den Arbeiterverein organisiert! Aufgeregt und voller Vorfreude steht die Familie Holderied vor dem Stall. Es ist eine Premiere für den Zwinkhof und auch für die Gemeinde Uffing: der erste Tag des offenen Hofes der Arbeitsgemeinschaft (AG) Dialog Landwirtschaft!

Der 9. April zeigte sich mit Regenschauer, Sonnenschein und Schnee im Wechsel von seiner launigen Seite. Franz Holderied schaute skeptisch und fragte in die Runde „Was denkt ihr, wie viele Besucher werden wohl kommen bei dem Wetter?“
„Wird schon!“ antwortete seine Frau Elisabeth lächelnd und schaute zufrieden in den Stall.

Im hinteren Bereich hatte die Familie gemeinsam mit der AG Dialog Landwirtschaft eine kleine Ausstellung vorbereitet. Dort gab es Informationen über die Fütterung und Haltung der Milchkühe und über die Herstellung von Sahne und Butter. Besucher staunten, dass Clemens von Bechtolsheim in Uffing 1888 eine der ersten Milchzentrifugen entwickelt hatte. Vorher mussten die Bauern die Milch erst lange stehen lassen, um dann mit einer Kelle den Rahm abschöpfen zu können. Das war sehr zeitaufwendig und mühsam, Milch und Rahm konnten während der langen Standzeiten auch leicht schlecht werden. Mit der Milchzentrifuge wurde der Entrahmungsvorgang um ein Vielfaches schneller, 100 l Milch konnten in etwa einer Stunde entrahmt werden. Dabei wird die Milch in Magermilch und Rahm getrennt. Die Butter wurde also durch die Erfindung der Milchzentrifuge nicht nur haltbarer und hochwertiger, sondern auch billiger. Wie anstrengend es ist, aus Rahm etwas Butter herzustellen, konnten die Gäste selbst erfahren. Beim Butterschütteln war an diesem Tag echte Handarbeit gefragt.

Die Familie Holderied betreibt einen modernen Boxenlaufstall, in dem sich die Kühe frei bewegen können. Die Kühe können nach Belieben fressen, saufen, sich bürsten, sich in den Liegeboxen ausruhen oder zum Melken in den Roboter gehen. Eine Kuh soll 13 bis 14 Stunden liegen. Nur so findet sie ausreichend Ruhe und Zeit zum Wiederkäuen. Voraussetzung dafür ist eine trockene und saubere Liegebox, in der sie sich bequem hinlegen und nach der Pause wieder problemlos aufstehen kann.

Eine Milchkuh auf dem Zwinkhof gibt im Durchschnitt 28 Liter Milch am Tag. Das ist eine große Leistung! Entsprechend gehaltvoll müssen Kühe gefüttert werden, um diese Milchmenge zu produzieren, aber auch um gesund zu bleiben. Deshalb hat die Futtermischung mehrere Komponenten:

  • Grundfutter (Gras- und Maissilage, Weidegras sowie Heu oder Stroh)
  • Energie- und eiweißreiches Kraftfutter (z. B. Rapsschrot und Getreide)
  • Mineralfutter (Mineralien, Spurenelemente und Vitamine)

Die Kühe bekommen ihr Kraftfutter am Automaten im Melkroboter. Damit der Automat die einzelnen Tiere erkennt, ist im Halsband ein Chip mit den Tierdaten eingebaut.

Der Melkroboter erleichtert den Landwirten ihre Arbeit und entlastet enorm. Bei konventionellen Melkständen sind aus arbeitswirtschaftlichen Gründen zwischen dem Melken Abstände von 10 bis 14 Stunden notwendig. Durch den Melkroboter sind die Abstände kürzer, denn die Kühe gehen selbstständig in die Melkstation und werden in Ruhe gemolken. Sie können auch selbstständig entscheiden, wann sie gemolken werden und bekommen dabei ihr Kraftfutter individuell portioniert. „Die Technik unterstützt uns aber auch bei der Gesunderhaltung der Tiere. Der Roboter misst bei jedem Melken wichtige Daten wie Milchmenge, Milchfluss, Leitfähigkeit und den Zeitabstand zwischen den Melkungen. Dann können wir schnell erkennen, ob ein Tier krank ist und sofort reagieren“ erklärt Josef Holderied den interessierten Besuchern. Der Junglandwirt kontrolliert jede Kuh regelmäßig. Er achtet dabei ganz besonders auf den Körper des Tieres, denn der zeigt, ob es eine „gute Kondition“ hat. Zu magere oder zu fette Kühe können schnell krank werden.
Auch den Laien muss es an diesem Tag aufgefallen sein: Den Tieren in dem Stall geht es sehr gut. Weder beim Melken noch beim genüsslichen Wiederkäuen fühlten sie sich durch die vielen Besucher gestört. Das Milchvieh und auch die Katze mit ihren Jungen nahmen den Trubel in ihrem Wohnzimmer gelassen und ließen sich gerne streicheln.

Die Kinder aber hatten besonders die Kälbchen ins Herz geschlossen. Erst einige Tage zuvor wurden Zwillinge auf dem Hof geboren. Ein Kalb besitzt nach der Geburt noch keinen eigenen Schutz gegen Krankheiten. Die Muttermilch ist an dem Tag, an dem das Kalb geboren wird, reich an Abwehrkörpern. Diese besondere gelblich gefärbte Milch, die der Fachmann „Kolostralmilch“ nennt, bekommt das Kalb in den ersten Lebensstunden aus einer Nuckelflasche. Kurze Zeit nach der Geburt bringt der Landwirt das Kalb in eine saubere, trockene und vor Zugluft geschützte Hütte, die wegen seiner Farbe und Form Iglu genannt wird.

Erst nach einer Woche baut das Kalb langsam eigene Abwehrkräfte gegen Krankheiten auf. Die ersten vierzehn Tage verbringt es deshalb in Einzelhaltung im Kälberiglu. Es kann dabei andere Kälber sehen. Einen direkten Kontakt gibt es aber jetzt noch nicht, damit sich die Tiere nicht gegenseitig anstecken können. Mehrmals täglich schaut der Landwirt nach dem Kalb. Er kontrolliert, ob es gesund ist und genügend trinkt. Bei sehr kalten Temperaturen bekommt es eine wärmende Decke.

Das Kalb einer Milchkuh wird in den meisten landwirtschaftlichen Betrieben kurz nach der Geburt von seiner Mutter getrennt. So bauen Mutter und Kind keine enge Bindung auf, und die Trennung fällt beiden leichter. Das Kalb gewöhnt sich früh an den Landwirt und erkennt ihn als Bezugsperson.

Ein Kalb bewegt sich gerne und braucht als Herdentier die Nähe zu seinen Artgenossen. Deshalb werden die Tiere dann in Gruppen gehalten. Hier kann sich das Kalb an eine feste Rangordnung gewöhnen und durch die Bewegung eine kräftige Muskulatur aufbauen. Aus einem Tränkeeimer erhalten die jungen Kälber warme Milch. In den ersten Wochen bekommen sie weiterhin die Milch der Mutter (Kolostralmilch), die viele wichtige Nährstoffe enthält. Später trinken sie eine Mischung aus echter Kuhmilch und einem speziellen Pulver als Milchersatz mit Wasser angerührt. Außerdem wird den Kälbern frühzeitig Kraftfutter, Grassilage, Heu und Wasser angeboten. Dadurch werden das Verdauungssystem langsam an die Aufnahme von fester Nahrung gewöhnt und die für die Verdauung wichtigen Pansenbakterien stimuliert. Ab der fünften Lebenswoche bekommen die Tiere jeden Tag etwas weniger Milch. Das Kalb frisst dann mehr Grassilage, Heu und Kraftfutter und wird zum Wiederkäuer.

Trotz launigem Aprilwetter waren über 300 Gäste auf den Zwinkhof gekommen. „Es war ein sehr schöner Tag und wir freuen uns, dass so viele Interessierte unseren Stall besichtigt haben“ freuten sich Elisabeth und Franz Holderied am Abend. Aber Zeit zum Ausruhen war nicht. Erst mussten die Tiere versorgt und der Hof wieder aufgeräumt werden.

Die Akteure der AG Dialog Landwirtschaft sind zuversichtlich, dass es nicht der letzte Tag des offenen Hofes in Uffing oder Schöffau war.

Arbeitsgemeinschaft Dialog Landwirtschaft, Kontakt: oder telefonisch unter 08846 9202-13

Foto "Im modernen Boxenlaufstall", Organisatoren von links: Josef, Elisabeth und Franz Holderied, Michaela Mück, Robert Fischer, Michael Gretschmann, Regina Schuster, Monika von Haaren (Christiane Pfanstiel fehlt) © Redaktion Hoagart

(veröffentlicht in Hoagart 04 | Juli 2022, siehe unten, Seite 23)

 

Juli 2022

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