Sehr auffällige Veränderungen zeigen uns der Tagesverlauf des Wetters und die Jahreszeiten. Änderungen in der Abfolge der Witterung dienten frühen Kulturen als Zeitmesser. Änderungen des Klimas erleben wir als Änderungen über die Zeit summierter wetterabhängiger Lebensbedingungen.
Anpassung die Antwort auf Veränderung
Ein festes unveränderliches Klima hat es nie gegeben und wird es aus physikalischen Ursachen nicht geben. Die Vorstellung eines konstanten Klimas für begrenzte Zeit ist eine für Anwendungen hilfreiche mentale Konstruktion, sonst aber eine Illusion. Zu wissen, wieviel Niederschlag im Durchschnitt jährlich zu erwarten ist, ist für alles, was von Wasser abhängt, eine wichtige Information. Ändert sich die Niederschlagsmenge, muss gehandelt werden.
Sind unsere Trinkwasserversorgung, Land- und Forstwirtschaft vorbereitet auf künftig heißere und zunehmend trockene Sommer? Ist unser Gesundheitswesen eingestellt auf eine Ausbreitung von klimaabhängigen Infektionen, beispielsweise Malaria?
Gegen 1200 v. Chr. verblühte die griechische Kultur weil das Klima trockener wurde. Fünfhundert Bauernhöfe auf Grönland fielen im 15. Jahrhundert kälterem Klima zum Opfer. Serien von Jahren mit Missernten während der »kleinen Eiszeit « zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert brachten bei uns Hunger.
Anpassung an sich änderndes Klima erfordert Planung. Planung setzt voraus anhaltende Veränderungen als solche zu erkennen. Bis gegen 1940 galt das Klima für die Praxis des Alltags als »konstant«.
Wetterwendisches Wetter
Die sprichwörtliche Veränderlichkeit von »Wind und Wetter« im Voralpenland kennzeichnet sein Klima und das der mittleren Breiten allgemein. Manche Barometerskalen tragen zwischen hohem und tiefem Luftdruck die Zustandsbezeichnung »veränderlich«.
»Wetter« meint den Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort zu einem Zeitpunkt. Wir beschreiben es durch Kennzeichen wie Lufttemperatur, Wind, Luftfeuchtigkeit, Sonnenstrahlung, Niederschlag etc. Hier sei mit »Wetter« ungenau gemeint, wie es von uns erlebt wird. Genauer ist die Höhe über dem Boden wesentlich.
Das Wetter am Boden ist von besonderer Bedeutung, weil sich in diesem Raum sowohl das Leben abspielt als auch Sonnenstrahlung zu Wärme wird, der Wind gebremst und Wasser verdampft. Viel Wasser transpiriert durch Vegetation. Die Liste solcher verzahnter Erscheinungen wäre lang.
Wechselnde Witterung, konstruiertes Klima
Das Wetter ändert sich zeitlich kontinuierlich. Ähnliches Wetter mit typischen Abläufen kann sich über viele Tage halten, zusammengefasst als »Witterung«. Wetter und damit die Witterung über Jahre nimmt eine Menge beobachteter Zustände an. Ihre Gesamtheit wird als »Klima« bezeichnet.
Klima ist eine gedankliche Konstruktion. Es ist zu beobachten als Wirkung des laufend sich ereignenden Wetters. Durch den markanten Temperaturanstieg seit ca. 1980 hat sich beispielsweise die Jahresmitteltemperatur von 1991 bis 2020 bei uns um gut 1 Grad (vorläufiger Wert) erhöht. Darin liegt unsere Erfahrung eines früheren und wärmeren Sommers, späteren Herbstes und milderen Winters als in den vorangegangenen Klimaperioden.
Die subjektiv erlebte Änderung wird sichtbar beispielsweise in einem Anstieg der alpinen Waldgrenze, Rückgang der Anzahl Tage mit Schnee, früherem Datum der Blüten. Von 1950 bis 2020 haben die alpinen Gletscher etwa die Hälfte ihrer Eismasse verloren. Alle Gletscher auf Spitzbergen haben seit den 1950er Jahren an Eis netto verloren, weil die Winter arm an Schnee, die Sommer aber zunehmend warm und feucht waren. Dafür gedeiht Obst und finden sich Zecken in Europa neuerdings nördlich des Polarkreises.
Klima wird beschrieben durch statistische Verteilungen beobachteter Häufigkeiten oder Mengen in einem Zeitintervall, international 30 Jahre. Dabei wird unterstellt, dass in dieser Zeit alle Zustände nach ihrer Wahrscheinlichkeit verschieden häufig aufgetreten und sich änderndes Klima vernachlässigbar sind. Das Klima der letzten 30 Jahre galt bisher der Planung als ungefährer Erwartungswert für die Zukunft.
Erhebliche Änderungen des Klimas der letzten drei Jahrzehnte machen es ratsam, erwartete Temperaturen und Niederschläge bis zum Jahr 2100 zu berücksichtigen. Erst heutige Klimamodelle und Datenverarbeitung erlauben solche Abschätzungen.
Dimensionen des Klimas
Im Laufe der Erdgeschichte haben sich die Zusammensetzung der Atmosphäre, die Erstreckung von Kontinenten, ihre Lage relativ zu Ozeanen und Polpunkten wesentlich verändert. Gebirge waren aufgefaltet und sind eingeebnet. Die Geschichte von Flora und Fauna, auch das Auftreten des Menschen, spiegeln klimatische Änderungen wider.
Weitere Ursachen der Änderungen sind die wechselnde Stärke der empfangenen Sonnenenergie, daher dadurch veränderte Flüsse an Energie durch sich verändernde irdische Sphären. Zu diesen gehören die Atmosphäre, der feste Erdboden (Lithosphäre), die Vorkommen flüssigen Wassers (Hydrosphäre) und des gefrorenen Wassers (Kryosphäre), ebenso der Lebensraum aller Organismen (Biosphäre).
Neben diesen Bereichen verschiedener Eigenschaften und Wirkungen in der Zeit gehört zum Klima auch seine räumliche Ausdehnung. Klima am Punkt des Wettergeschehens lässt sich innerhalb gewählter Wertegrenzen geographisch für ein Gebiet gültig ausweiten. Das kleinräumige Klima eines Grundstückes ist hierarchisch eingebettet in räumlich umfassenderes aber auch zunehmend generalisiertes Klima.
Die Bewegungen von Luftmassen und Ozeanwasser auf der rotierenden Erde, beeinflusst von ihrer festen Oberfläche, ergeben geographisch verteilt verschiedene Klimaregime. Ähnlich einer Schaukel ändert sich das Klima in teils zyklischen Schwingungen über wenige Jahre bis hin zu Jahrtausenden. Entsprechend ändert sich auch das lokale Klima.
Der Einfluss des Menschen auf das Klima
Der Mensch hat seit jeher das örtliche Klima verändert. Er hat Wald gerodet, Moore entwässert, den Boden bearbeitet und mit der Urbanisierung zunehmend versiegelt. Wer Gartenbeete anlegt, greift ein in die Umwandlung von Sonnenstrahlung in Wärme und in den Wärme- und Wasserhaushalt des Bodens. Die Atmung der Pflanzen ändert die Zusammensetzung der Luft. Diese wiederum ist bedeutsam für die Wärme, welche die Erde in den interplanetarischen Raum abgibt. Ändern sich die vom Boden (auch Ozeane) vereinnahmte und netto abgegebene Wärme, so ändern sich die Flüsse von Energie, welche das Wetter antreiben und das Klima ergeben. In Haushalt von Wärme und Wasser hat der Mensch nach 1950 stark zunehmend eingegriffen.
Fast explosionsartig wuchs bis gegen 2000 die Menge der Weltbevölkerung. Der Bedarf an Nahrungsmitteln, abhängig von Kunstdünger, insgesamt die Nutzung von Energie zur Herstellung von Gütern, steigt beschleunigt noch immer. »Entwicklungsländer« holen auf.
Schwankungen des Klimas werden angeregt sowohl von außerhalb der Erde, vor allem der empfangenen Sonnenstrahlung, als auch von Änderungen innerhalb des irdischen Systems. Dazu gehören Änderungen in den oben genannten Sphären, beispielsweise durch Vulkanismus, temperaturabhängige Löslichkeit von Treibhausgasen in Ozeanen, Areal der Sonnenstrahlung reflektierenden Schnee- und Eisflächen, insbesondere auch durch die Wirtschaftsweise des Menschen und Gestaltung seiner biologischen Umwelt.
Anstieg von Temperatur und Karbondioxid
Die Bedeutung von Karbondioxid für das Klima war schon anfangs des 19. Jahrhunderts erkannt. Der industrielle Aufstieg seit ca. 1950 führte zu einer nach Menge stark erhöhten Verbrennung fossiler Energieträger. In wenigen Jahrzehnten wurde das durch Sonnenstrahlung der Atmosphäre über viele Millionen Jahre entzogene und seither gebundene Karbondioxid frei gesetzt. Die Rückkehr des Klimas zu den Warmzeiten, als jene Energieträger entstanden und das Gas der Atmosphäre entzogen, ist durch ihre Verbrennung eingeleitet. Seit ca. 1940 bis gegen 1980 wurde eine Abkühlung des Klimas beobachtet. Aus einer gewissen Regelmäßgkeit früherer Kaltzeiten wurde schon der Beginn einer »Eiszeit« für möglich erachtet. Für extrem angesehene Wetterereignisse unterstützten die Erwartung einer globalen Abkühlung. Gigantische Eingriffe, beispielsweise eine Abriegelung des Polarmeeres durch Sperren der Bering-Straße und ein Abschmelzen des Polarmeereises durch Wasserstoffbomben, wurden erörtert.
Die Einstrahlung der Sonne hatte abgenommen durch industrielle Luftverunreinigungen, unter anderem das Licht reflektierendem Sulfat. In den 1960er Jahren zeigten sich interkontinental verfrachtete Schwefelverbindungen aus hohen Schloten und saure Regen. Seit den 1980er wurde die Luft sauberer, mehr Licht erreicht seither den Boden. Aber die Konzentration des Gases, abgegeben durch Verbrennung, die Abstrahlung von Wärme behindernd, nahm weiter stark zu. Seither steigt die globale Temperatur.
Ungewisse Veränderungen
Berechnungen welche Konzentrationen an Klimagasen zu welchen regional erhöhten Temperaturen führen, werden von Politik und Zukunftsplanung verlangt. Die zur Abschätzung von Klimaänderungen entwickelten Klimamodelle sind Vereinfachungen der oben genannten Sphären, physikalischer wie chemischer Prozesse in ihnen. Ungewissheit beruht nicht nur auf Vereinfachungen, sondern auch auf offenen künftigen politischen Entscheidungen.
Selbst eine schnelle Verminderung freigesetzter Klimagase würde wegen deren Erhaltungszeit in der Atmosphäre bis 2100 die globale Temperatur zwischen 2° und 6°C Grad über dem Wert vom im Jahr 2000 ergeben. Die bisher beobachtete Entwicklung des Klimas der letzten drei Jahrzehnte, insbesondere die errechnete ausgeprägte Erwärmung der Arktis, wird als Bestätigung der Modelle gewertet.
Die Klimageschichte von Epochen naher vorhistorischer Zeit belegt Temperaturen höher als in der Gegenwart. Der Einfluss des Menschen und die »naturgegebenen« Schwankungen können sich verstärken oder schwächen. Vor ca. 6000 Jahren lag die alpine Waldgrenze bis zu 400 m höher als Ende des 20. Jahrhunderts. Der bekannte »Ötzi« wurde vor 5300 Jahren eingeschneit und blieb bis 1991 an gleicher Stelle im Eis erhalten.
Die schon beobachtete Tendenz im Voralpenraum zu milderen Wintern, eine Verschiebung des Hauptniederschlages ins Frühjahr und zu Trockenperioden im Sommer mit hohen Temperaturen (siehe eingangs) dürfte sich verstärken. Wassermangel ist für den Erhalt von Ökosystemen und die Wirtschaft nicht weniger brisant als die viel beachtete Erwärmung. Aus Änderungen in der atmosphärischen Zirkulation werden bei uns häufigere extreme Ereignisse erwartet, wie Starkregen, in geneigtem Gelände Muren und Erosion.
Land- und Forstwirtschaft in Gegenden, denen es bisher an Wärme mangelte, könnten, wie Teile Skandinaviens, vom Klimawandel begünstigt sein. Er betrifft auch Temperatur und Salzgehalt von Meeren und ändert die Möglichkeiten der Fischerei. Die Ausdehnung des Wassers durch Erwärmung und die Zufuhr von Schmelzwasser von Landeis lässt den Meeresspiegel steigen.
Raumplanung für künftiges Klima
Die gegenwärtige Entwicklung des Klimas, Ergebnisse der Klimamodelle und politisches Zögern, zwingen zu dem Schluss, dass die erwarteten Änderungen eintreten werden, unsicher ist allein die Stärke ihrer Ausprägung.
Raumplanung muss sich konkret auf Fluren beziehen. Für die Staffelsee-Gemeinden ist der See die dominierende Erscheinung. Fällt künftig Niederschlag konzentriert auf das Frühjahr, der Sommer wird heiß und trocken, so ist mit Hoch- bzw. Niedrigwasser zu rechnen. Zu fragen ist, welche Fluren Hochwasser ausgesetzt sein könnten. Die Erosion von Gerinnen nimmt zu mit Abflussmenge und Gefälle. Bei Starkregen wären Bäche an der Südseite des Sees ausgesetzt, vermehrt Schutt würde ins Seebecken gelangen. Der Abtragung, insbesondere auch durch Betreten der Böden (Tourismus) wäre mit ingenieurbiologischen Maßnahmen (Vegetation) zu wehren. Warmes stabiles Oberflächenwasser dürfte zu Mangel an Oxygen im See führen. Reger Badebetrieb mit chemischer Verunreinigung würde die Lage verschärfen, auch Nährstoffeintrag von Land.
Ortschaften mit versiegelten Bodenflächen sollten die Kanalisation für intensivere Niederschlagsereignisse auslegen. Zu überprüfen wäre die Versorgung mit Trinkwasser bei Absinken des Grundwasserspiegels, bezogen auf Bevölkerungsentwicklung und Tourismus.
Die Baumarten der Wälder wären heiß-trockenen Sommern anzupassen. Mangels Wasser geringere Heuernten könnten durch wieder genutzte oder neu erschlossene nahe Almregionen dank höherer Temperatur bei sicherer Wasserversorgung etwas ausgeglichen werden. Einem sich verändernden Restrisiko der Schwerkraft-Naturgefahren im Gebirge (Muren, Rutschungen, Steinschlag) wäre durch Vegetation vorzubeugen. Dem Wetter und neuen Naturgefahren anpassen müsste sich das Verhalten der Bergtouristen, wobei Wintertourismus in zunehmend höhere Lagen auf Nordhänge verdrängt wird.
Reinhard Mook
Ausgabe-60-Buergerblatt-03-2021
Was denken Sie?
Schreiben Sie an die Redaktion!
Hinweis: Nach dem Absenden Ihres Kommentars erscheint hier eine kurze Versandmitteilung.