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Vom Wasserhaushalt am Staffelseebecken

Vom Wasserhaushalt am Staffelseebecken

Vom Wasserhaushalt am Staffelseebecken

Information
Bürger | veröffentlicht am: 01 Oktober 2021 | bearbeitet am: 06 Oktober 2021

 Im nachfolgenden Artikel werden einige für das Welt-Klima entscheidende Gesetzmäßigkeiten erörtert, bevor auf den Staffelsee eingegangen wird.

Der Wasserkreislauf

Wasser ist der einzige Stoff in der Natur, der bei irdischen Temperaturen in allen drei Aggregatzuständen vorkommt: Gefroren oder fest, flüssig oder gasförmig als Dampf. Schnee schmilzt, der nasse Boden trocknet, unsichtbarer Dampf verdichtet sich zu Wolken, aus denen Niederschlag fällt. Der wird vom Boden aufgenommen, fließt ab oder verdampft (verdunstet) wieder.

Wasserdampf als Bestandteil der Luft wird weltweit ausgetauscht. Moleküle eines Regentropfens in Uffing können aus dem subtropischen Atlantik verdampft sein. Eine Niederschlagshöhe von jährlich 1000 mm als Durchschnitt verteilt über die ganze Welt bedeutet, dass der gesamte Inhalt der Atmosphäre an Wasserdampf in 8 oder 9 Tagen ausgetauscht wird.

Flüssiges Wasser kann sich nicht über die ganze Erde verteilen. Es ist an die Form der Sammelbecken gebunden, an Schichten geordnet nach der Dichte des Wassers (abhängig von Temperatur und gelösten Salzen). Vertikale Durchmischung und horizontale Strömung verteilen es. Die räumlichen und zeitlichen Skalen können sehr verschieden sein: östlich von Grönland gebildetes kaltes Tiefenwasser taucht nach 1000 Jahren westlich von Südamerika wieder auf. Im Staffelsee sammelt sich von Land abfließender Niederschlag in Stunden bis zu einem Tag. Wind durchmischt den seichten Staffelsee binnen Stunden. Grundwasser mag Wochen zum Staffelsee unterwegs sein.

Mit dem Wasser werden darin gelöste Stoffe wie Sauerstoff, Kohlenstoffdioxid, ionisierte Minerale („Kalk“) und „Verunreinigungen“, je nach Bewegungsenergie auch feste Partikel streckenweise mitgeführt. Die Landzunge um die Mündung der Oberen Ach entsteht durch dort abgelagertes Material, wie auch die Deltas großer Ströme. Treibeis und Eisberge zeigen, dass festes Wasser in flüssigem Wasser durch Luft- und Wasserbewegungen verfrachtet wird.

Die umgesetzte Energie

Der Kreislauf des Wassers befördert dessen Masse und auch Energie in Form seiner Wärme. Wir haben zu tun mit Energie der Bewegung und des Wärmeinhalts. Der Niederschlag ist Wasser, das zuvor der Schwerkraft entgegen durch Energie der Sonnenstrahlung (Auftrieb erwärmter Luft) in die Wolkenregion gehoben worden ist. Wo Niederschlagswasser im Gelände zu Wasserläufen gesammelt durch die Schwerkraft bergab fließt, kann ein Wasserrad oder eine Turbine mechanische und weiter elektrische Energie liefern. Es sei hingewiesen auf den Uffinger Mühlenweg und dazu Artikel im Bürgerblatt Nummern 40-47.

Bewegungsenergie durch Unterschiede in der Dichte des Wassers und durch Wind wird von Wasserströmungen repräsentiert, in Seen wie in den Ozeanen. Der Nordatlantische Strom (= Golfstrom) mildert in West-Europa die Winter. Diese Tatsache belegt die vom Wasser aus der Karibik mitgeführte Wärme.  Es gibt aber neben dieser fühlbaren Wärme noch eine verborgene, mit einem Thermometer nicht messbare Wärme.

Beim Schmelzen von Schnee wird zugeführte Wärme (= Bewegungsenergie der Moleküle) als Zustand nun flüssigen Wassers bewahrt. Das gilt analog beim Verdampfen. Die im Dampf verborgene Wärme der Molekülbewegung wird wieder fühlbar und messbar, wenn der Dampf zu flüssigem Wasser oder Eis verdichtet wird. In der Luft schwebende Tröpfchen oder Kristalle werden als Wolken oder, in Kontakt mit dem Boden, als Nebel gesehen.

Der Auftrieb erwärmter Luft wird gut durch sich auftürmende Quellwolken sichtbar. Die aufsteigende Luft kühlt sich bei sinkendem Druck ab, weil sie, ihr Volumen ausweitend, physikalische Arbeit leistet. Diejenige Temperatur, bei welcher Wasserdampf gesättigt wird (= verdichtet zu flüssigem Wasser), kann durch die genannte Abkühlung erreicht werden, der Höhe nach sichtbar als die Untergrenze der Wolken.

Die im Dampf verborgene Wärme wird fühlbar, wenn er zu Tröpfchen oder Eis auch als schwebende Kristalle wird. Die ursprüngliche Verdampfungswärme, welche am Boden kühlt, wird nun bei der Wolkenbildung zu einer Wärmequelle in der Atmosphäre. Diese Wärme kann der Wolkenluft weiteren Auftrieb geben, weil wärmere Luft leichter ist als die umgebende kältere.

Wenn das Wolkenwasser als Niederschlag ausfällt, bleibt die ursprüngliche Verdampfungswärme im Wolkenbereich zurück. Die Atmosphäre wird bei Bildung von Niederschlag erwärmt um den Betrag, den der Boden bei Verdampfung gekühlt worden ist. Dieser Ausgleich ist für das Klima lokal und global wesentlich.

Lager von Wasser

Abgesehen vom Wasser in der Atmosphäre findet sich Wasser als Ozeane, Eis und Süßwasser an Land. Das Wasser an Land findet sich an der Oberfläche (Flüsse, Seen), als Bodenwasser zusammen mit Luft in den Poren des Bodens und als Grundwasser, das alle Hohlräume zusammenhängend füllt. Dazu kommt das Wasser gespeichert in Flora und Fauna.

Die hydrologische Grundgleichung setzt die Summe des Niederschlages im Laufe eines hinreichend langen Zeitabschnittes und innerhalb eines Gebietes gleich der Masse an Wasser, das verdampft oder abfließt, wenn das gelagerte Wasser im Mittel über die Zeit konstant bleibt. Das Lager an gefrorenem Wasser (Gletscher, Inlandseise) ist dem Wasserkreislauf entzogen.

Im bayerischen Klima währt das hydrologische Jahr vom 1. November bis zum 31. Oktober, der Winter vom 1. November bis 30. April.

Es wird unterschieden zwischen der rein physikalischen Verdampfung (Evaporation, Wasser von Gestein) und der physiologisch gesteuerten Transpiration der Organismen. Beide Prozesse zusammen heißen Evapotranspiration (z.B. Boden mit Vegetation).

Im Gebiet des Staffelsees tritt das Minimum monatlicher Niederschlagssummen im Februar, das Maximum im Juli auf. Im Hochsommer ist durch die Entfaltung der Vegetation (Baumlaub), zeitweise hohe Lufttemperatur bei geringer relativer Luftfeuchtigkeit, starke Evapotranspiration zu erwarten.

Zum Wasserstand am Staffelsee

Hydrologische Registrierungen werden vom Wasserwirtschaftsamt (WWA) in Weilheim vorgenommen. Es sind dies vor allem die Höhe des Seespiegels in Seehausen, des Zuflusses in der Oberen Ach bei Obernach und des Grundwasserspiegels bei Weindorf.

Der Spiegel des Riegsees liegt im Jahresmittel bei 654,29 m, des Staffelsees bei 648,63 m (alle Höhen auf Normalnull NN bezogen, Daten seit 1972). Der durchschnittliche Spiegel des Riegsees liegt somit um 5,66 m höher als der des Staffelsees. Das Gefälle lässt im Grundwasser des eiszeitlichen Schotters Druck in Richtung Staffelsee erwarten. Der Grundwasserspiegel bei Weindorf liegt mit 651,26 m um 3,03 m tiefer als der Spiegel des Riegsees, aber 2,63 m höher als der des Staffelsees.

Die Größe des Einzugsgebietes (= Fläche, von welcher Wasser zugeführt wird) bezogen auf den Pegel Seehausen wird vom WWA mit 78,5 km2 angegeben. Für die Jahre 1972 bis 2016 betrug die mittlere Spiegelhöhe im Winter 648,61 m, im Sommer 648,65 m, Differenz nur 4 cm.

Die Größe des Einzugsgebietes (= Fläche, von welcher Wasser zugeführt wird) bezogen auf den Pegel Seehausen wird vom WWA mit 78,5 km2 angegeben. Für die Jahre 1972 bis 2016 betrug die mittlere Spiegelhöhe im Winter 648,61 m, im Sommer 648,65 m, Differenz nur 4 cm. Niedrig- und Hochwasser sind (nach DIN 4049-2:1994) definiert als arithmetisches Mittel (Durchschnitt) von geringsten bzw. höchsten Wasserständen in gleichen Zeitabschnitten. Der mittlere Niedrigwasserspiegel hat im Winter mit 648,45 m, im Sommer mit 648,46 m nahezu gleiche Werte. Dagegen beträgt das mittlere Hochwasser winters 648,90, sommers 649,05 m, ist somit im Sommer 0,15 m höher als im Winter. Bezogen auf den obigen Jahres-Mittelwert (Normal) von 648,63 m, ist daher das mittlere Hochwasser im Winter um 0,27 m, im Sommer 0,42 m erhöht.

Bei dem im Beobachtungszeitraum höchsten Hochwasser am 23. Mai 1999 stand der Seespiegel bei 649,75 m, 1,10 m über dem sommerlichen Mittel. Die zweit- und dritthöchsten Werte waren 649,66 m (19. Juni 1979) und 649,57 m (24. August 2005).

Zum Abfluss bei Obernach

Der Pegel Obernach hat (nach WWA) ein Einzugsgebiet von 41,4 km2, das Areal, aus dem die obere Ach oberhalb der Messstelle Wasser bezieht. Der mittlere Abfluss im Jahr (seit 1972) beträgt 1,04 m3/s. Er ist im Winter 1,02, im Sommer 1,07 m3/s, nur 0,05 m3/s größer.

Das mittlere Niedrigwasser (= arithmetisches Mittel der niedrigsten Tagesmittelwerte für ein Zeitintervall einer Reihe von Jahren) beträgt im Jahr 0,131 m3/s, im Sommer 0,161 m3/s, im Winter 0,175 m3/s. Erheblich höher dem Betrag und dem jahreszeitlichen Unterschied nach ist das mittlere Hochwasser, im Sommer 27,9 m3/s, im Winter 17,4 m3/s. Dabei macht sich der höhere Sommerniederschlag bemerkbar.

Aus den Beobachtungen der Hochwasser lässt sich mittels Modellen für Wahrscheinlichkeiten berechnen, in wieviel Jahren ein Ereignis einmal eintritt. Statistisch sind nach WWA jährlich einmal 25 m3/s, jedes zweite Jahr 32 m3/s, jedes fünfte Jahr 38, alle zehn Jahre 45, alle fünfzig Jahre 63 und alle hundert Jahre 70 m3/s am Pegel Obernach zu erwarten. Damit ist nicht gesagt, wann dieser Abfluss eintritt. Vorausgesetzt ist das historische Niederschlagsklima des beobachteten Zeitraumes.

Der größte gemessene Abfluss am 21. Mai 1999 betrug 54,9 m3/s. (Höchster Seespiegel 23. Mai 1999). Die nächsthöchsten Abflüsse waren 49,2 m3/s (31. Juli 1990) und 48,4 m3/s (23. August 2005).

Die Spitzenwerte der Wasserführung sind auf einzelne, extreme Niederschlagsereignisse zurückzuführen. Typischer Zeitverlauf bei Regen ist en steiler Anstieg des Abflusses, ein langsames Abklingen seiner Speisung durch Oberflächenwasser und zunehmender Anteil an Grundwasser.

Der Niederschlag und Folgerungen

Aus Messungen in Bad Bayersoien und Murnau lassen sich für das Einzugsgebiet von Pegel Obernach im Winter 557 mm, im Sommer 876 mm Niederschlag, im Jahr 1433 mm als Durchschnitt schätzen. Ein Gebiet von 41,4 km2 mit 1433 mm jährlichem Niederschlag liefert daher 1,880 m3/s im Jahresmittel.

Beobachtet in Obernach als mittlerer Jahresabfluss sind 1,04 m3/s. Demnach würde die Differenz von 0,84 m3/s auf Evapotranspiration entfallen oder sonst am Pegel nicht gemessen das Gebiet verlassen. Dieser Wert entspricht rechnerisch einer Niederschlagshöhe von jährlich 631 mm.

Der Staffelsee mit allen ober- und unterirdischen Zu- und Abflüssen ist ein ausgleichend wirkender Wasserspeicher. Die Differenz zwischen mittlerem Niedrigwasser im Winter und mittlerem Hochwasser im Sommer beträgt 0,60 m. Die Pegelhöhe fällt in der Größenordnung von 1 cm an einem warmen, niederschlagsfreien Sommertag.  Der mittlere Wasserstand im Sommer ist trotz der erheblich größeren Niederschlagssumme nur um 4 cm höher als im Winter. Im Unterschied zu den relativ geringen Schwankungen des Seespiegels, erreicht der Abfluss am Pegel Obernach hohe Spitzenwerte. Dem mittleren jährlichen Abfluss von gut 1 m3/s steht gegenüber den alljährlich einmal zu erwartenden 25 m3/s. Vorausgesetzt die jährliche Niederschlagssumme von 1433 mm ist korrekt, fließen von der sich daraus ergebenden Wassermenge 1,88 m3/s nur 55 Prozent am Pegel vorbei.

Eine nützliche Beziehung: für die Umrechnung von Niederschlagshöhe in Abfluss oder umgekehrt: 1000 mm Niederschlag pro Jahr entsprechen 0,0317 m3 Wasser pro Sekunde je km2.

Reinhard Mook, Text und Fotos

(veröffentlicht in Hoagart 01 | Oktober 2021, siehe unten, Seite 55 bis 59)

 

Oktober 2021

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Sascha Chowdhury (Redaktion Hoagart)
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