Es gibt Tage, an denen kommen die Wurzelkinder des Waldkindergartens Uffing ihren Eltern nach vier Stunden im Wald mit so viel Energie entgegengesprintet, dass man glatt der Meinung verfallen könnte, sie hätten sich vier Stunden lang aufs Ohr gelegt und seien nun bereit, den Tag zu starten.
Wenn sich diese Tage mehren und man bis dato die sprießenden Märzenbecher, Krokusse und Schneeglöckchen übersehen hat, ist es spätestens klar: Der Frühling ist da.
Auch wenn er anfangs noch schwankt und sich unser König Winter noch ein großes Finale gönnt, kommen wir nicht umhin, die wärmende Sonne in uns einzusaugen und mit Tatendrang und guter Laune die Rückkehr aus der Winterruhe zu genießen. Und die Wurzelkinder schon gar nicht. An diesen Tagen der ersten Frühlingsboten, bleibt die Jurte leer. Sie klettern als Affen auf Bäume und schürfen in Minen nach Edelsteinen, sie kochen Gourmet-Menüs am Sonnenplatz und fegen das traute Heim. Neue Höhlen werden erschlossen, Matschmonster kriechen aus ihren Verstecken, der Fasching treibt unterdessen auch noch sein Unwesen und am Feuer gibts köstlichste Bratäpfel. Es ist ein wahres Frühlingsfest, ihnen dabei zuzusehen! Vor allem, wenn dann mit dem Abwerfen der Winterjacken wieder mehr Mobilität zurückkehrt, bekommt man selbst gleich Lust, wie wild durch den Wald zu rennen. So viel Kraft und Energie erfüllt diese Zeit.
Tatkraft lag auch am Rosenmontag in der Luft. Die Waldeltern versammelten sich am Morgen und räumten den Wald auf. Sie sägten das Holz und rollten das Holz, sie spalteten das Holz und schlichteten das Holz. Bäume, die von vergangenen Stürmen zu Fall gebracht worden waren, dienen den Wurzelkindern und -betreuern nun als wertvolles Brennholz. Zu guter Letzt gab es dann für alle Helfer eine leckere Suppe mit Waldluftaroma.
Was die Waldluft mancher Wurzeleltern seit einiger Zeit eher mit Sorge erfüllt, ist der neue Nachbar des Waldkindergartens: der neue Mobilfunkmast bei der Kläranlage. Sicher ist diese Debatte vielen ein Begriff und löst bei dem ein oder anderen mehr oder auch minder emotionale Reaktionen aus. Ob und wie sich die elektromagnetische Strahlung in so unmittelbarer Nähe auf die heranwachsenden Zellstrukturen von Kindern auswirkt … Es ist schwierig, diesen Satz an dieser Stelle zu beenden, denn ein plumpes „bleibt abzuwarten“ wäre fast schon makaber. Auch ein „Hoffen auf das Beste“ wirkt deplatziert. So bleibt den besorgten Waldeltern fürs Erste nur das Annehmen und Beobachten sowie ein Informiertbleiben - das jedoch mit vermutlich hervorragendem Mobilfunkempfang. Wenn wir jedoch die energiegeladenen, freudigen Wurzelkinder betrachten, ist klar: Abgesehen vom Mobilfunkausbau war Uffing auch schon vor dem Bau des Masten zukunftsfähig.
Die Kinder beschäftigen diese Sorgen glücklicherweise weniger. Sie strahlen auf ihre natürliche Weise der Sonne entgegen und kümmern sich nicht um Zellstrukturen und 5G-Technologien. Wer hingegen sein Popcorn mit der Trinkflasche am höchsten katapultieren kann, das ist ein relevantes Brotzeitthema. Sie stecken voll so vieler wundervoller Ideen und Gedanken, Feinheiten und Witz. Es bleibt ein Fest, ihnen zuzusehen und teilzuhaben.
Auf in einen festlichen Frühling.
Weitere Infos unter www.wurzelkinder-uffing.de
Christina Taffertshofer
(veröffentlicht in Hoagart 07 | April 2023, siehe unten, Seite 26)
Was denken Sie?
Schreiben Sie an die Redaktion!
Hinweis: Nach dem Absenden Ihres Kommentars erscheint hier eine kurze Versandmitteilung.