Was hier beschrieben und erklärt wird, ist ein universelles Phänomen: das „Nebel-Rauchen“ oder „Frost-Rauchen“ offener Gewässer in Herbst und Winter.
Wasser verdampft von einer im Verhältnis zur Luft warmen Quelle. Diese kann nach einer kühlen Nacht das noch warme Wasser des Staffelsees oder der Uffinger Ach sein. Ein Teil des verdampften Wassers (als Gas) verdichtet sich (kondensiert) zu Tröpfchen oder gar zu Kristallen (Wasser- oder Eis-Nebel), wenn der Luft vom warmen Wasser mehr Dampf zugeführt wird, als sie gasförmig enthalten kann.
Von Drücken
Die Luft ist ein Gemisch von Gasen. Unter der wirkenden Schwerkraft übt jedes einzelne Gas einen Druck aus, der sich zum gesamten Luftdruck addiert. Stickstoff hat den Druckanteil von 78 Prozent, Sauerstoff fast 21 Prozent, Argon fast 1 Prozent. Die anderen Gase, darunter der mengenmäßig variable Wasserdampf, tragen nur wenig zum Gesamtluftdruck bei. Er lässt sich anschaulich vorstellen als „Gewicht“ (Kraft) einer Luftsäule auf eine horizontale Bodenfläche.
Wasser ist der einzige Stoff in der Natur, der unter irdischen Bedingungen sowohl gasförmig als auch flüssig oder fest vorkommt. Eine zunehmende Temperatur kann als zunehmende Energie der Bewegung von Wassermolekülen verstanden werden. Das ist der Fall, wenn Wasser von einer Wasseroberfläche verdampft, wenn Moleküle flüssigen Wassers dank großer Bewegungsenergie sich aus der Flüssigkeit lösen und als Gas zur Atmosphäre beitragen. Umgekehrt können Wassermoleküle mit abnehmender Temperatur, das bedeutet sich verringernder Bewegungsenergie, vom gasförmigen in den Verband flüssigen Zustandes übergehen (kondensieren) oder zu einem Teil eines festen Gitters (Eis) gefrieren.
Von Sättigung des Wasserdampfes
Der von der Temperatur abhängige maximale Dampfdruck (Sättigungsdampfdruck) beträgt bei 100 °C 1013,2 hPa (= Hektopascal, früher Millibar; Normaldruck der Atmosphäre auf Meeresniveau 1013,2 hPa). Unter dem Druck von 1013,2 hPa siedet das 100 °C heiße Wasser, geht insgesamt vom flüssigen in den dampfförmigen Zustand über. Wegen des mit der Seehöhe abnehmenden Luftdruckes siedet das Wasser in ca. 650 m (Uffing) bereits bei 98 °C, auf der fast 3000 m hohen Zugspitze bei etwas über 90 °C.
Wir dürfen den Sättigungsdampfdruck auch als maximale dampfförmig in der Luft enthaltene Menge an Wasser deuten. Die folgenden Zahlen des Sättigungsdruckes zeigen, dass mit sinkender Temperatur die maximal mögliche Menge an Wasserdampf stark abnimmt: Bei 30 °C beträgt der Sättigungsdruck 42 hPa, bei 20 °C 23 hPa, bei 10 °C 12 hPa, bei 0 °C 6 hPa, bei minus 10 °C 2,5 hPa (über Eis).
Aus diesen Zahlen folgt: Wenn in einer warmen Lufthaut unmittelbar über einer Wasserfläche sich Wasserdampf bis zu einem Sättigungsdruck gasförmig halten kann, dann aber in kältere Luft mit geringerem Sättigungsdruck eingemischt wird, dann kann sich ein Wasserdampfdruck ergeben, der den Sättigungsdruck des Gemisches überschreitet. Der Anteil an Wasserdampf, der einen Wasserdampfdruck größer als den aktuellen Sättigungsdruck verursacht, kondensiert zu Tröpfchen (Nebel).
Hier sei angemerkt, dass das in manchen Wohnungen angebrachte Messgerät (Hygrometer) der relativen Luftfeuchtigkeit das Verhältnis des aktuellen Druckes des Wasserdampfes zum Sättigungsdampfdruck angibt. Sind beide gleich, ergibt sich das Verhältnis 1 oder 100 Prozent. Ist der aktuelle Dampfdruck 12 hPa und bei 20 °C der Sättigungsdampfdruck 23 hPa, dann ist die relative Luftfeuchtigkeit 12 : 23 = 0,52, das bedeutet 52 Prozent. In diesem Beispiel wäre der Dampf gesättigt bei 10 °C, genannt Taupunkttemperatur. Das ist die Temperatur, bei deren Unterschreitung Wasserdampf kondensiert, sich Nebel bildet.
Von Luft im Ungleichgewicht
Wenn See-Luft von beispielsweise 14 °C mit nachts auf 4 °C abgekühlter Landluft gemischt wird, ergibt sich ein Sättigungsdampfdruck niedriger als 16 und höher als 8 hPa. Dampf, dessen Anteil am Druck den aktuellen Sättigungsdruck überschreitet, wird zu Nebeltröpfchen verdichtet.
Nun ist die Dichte (spezifisches Gewicht) von Luft bei 4 °C in der Seehöhe des Staffelsees im Mittel (des Luftdruckes) ca. 1,20 kg/m3, bei 14 °C um ca. 50 g/m3 geringer (vom Einfluss des Wasserdampfes wird hier abgesehen). Die vom Land zugeführte kalte Luft ist daher schwerer als die warme Lufthaut über dem Wasser. Diese hat daher Auftrieb gegen die kältere Luft. Der Nebel („Rauch“) macht aufsteigende ungeordnete Wirbelbewegungen über dem Wasser sichtbar.
Je höher die Wassertemperatur, um so größer ist der an ihrer Oberfläche gegebene Sättigungsdampfdruck. Je tiefer die Lufttemperatur ist, um so geringer der in der Luft aktuelle Sättigungsdampfdruck. Entsprechend groß ist die Netto-Verdampfung. Sie wird intensiviert durch Wind. Die absoluten Mengen an Wasser in Dampf und Nebel nehmen mit der Temperatur ab. Die Dichte des Nebels kann von weiteren Randbedingungen abhängen.
Von Nebelfahnen
Es ist zu erwarten, dass sich die aufsteigenden Nebelfahnen erst ab etwa einem Meter über der Wasserfläche bilden, nämlich in derjenigen Höhe, in welcher die warme, dampfreiche See-Luft oder die Mischluft die aktuelle Taupunkttemperatur erreicht haben. Unter sonst gleichen Bedingungen wird der „Rauch“ über der wärmsten Seefläche besonders ausgeprägt sein.
Das Wasser kühlt ab durch die Verdampfung. Die Wärme tritt auf in der Bewegungsenergie der nun als Dampf auftretenden Wassermoleküle. Der Anteil des Dampfes aber, der sich wieder zu Nebel (flüssigem Wasser) verdichtet, gibt Bewegungsenergie wieder als Wärme an die Luft ab. Dadurch wird der Auftrieb der Luft weiter angefacht. Durchmischung der Luft in etlichen Dezimetern oder Metern über der Wasserquelle (Staffelsee) ergibt in der Regel eine Temperatur über dem Taupunkt beziehungsweise einem Wasserdampfdruck unter dem aktuellen Sättigungsdampfdruck. Der Nebel löst sich auf.
Auch bei Frost kondensiert Dampf oft zu unterkühlten Tröpfchen. Wird es kälter als minus 12 °C, bilden sich häufig Eiskristalle (Eisnebel). Maßgeblich ist dann die Frost- statt der Taupunkttemperatur. Jene begünstigt die Nebelbildung, weil der Dampfdruck über Eis etwas geringer ist als über Tröpfchen flüssigen Wassers. Mit „Frostrauch“ ist meist dichter Eisnebel bei strengem Frost gemeint.
Reinhard Mook
(veröffentlicht in Hoagart 05 | Oktober 2022, siehe unten, Seite 56)
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