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Josef Mayr - ein Leben am Bergerhof

Josef Mayr - ein Leben am Bergerhof

Josef Mayr - ein Leben am Bergerhof

Information
Bürger | veröffentlicht am: 25 März 2023 | bearbeitet am: 25 März 2023

„Die Geschichte des Bergerhofs, ursprünglich Perger, geht zurück bis in das Jahr 1672. Im Steuerbuch ist damals von „2 Roß, 1 Füllen, 4 Küh und 3 Jungrind“ zu lesen. 

Seit 1726 wird der Hof in der Schöffau von einem Mayr geführt und von Generation zu Generation weitergeben. Ich habe den Hof 1987 mit 27 Jahren übernommen.

Meine Frau Irmgard, geborene Strasser, geboren im Gut Achberg, habe ich 1976 in der Berufsschule Weilheim kennengelernt. Irmgard war damals bei den Madln in der Hauswirtschaftsschule und ich habe Landwirt gelernt. Eigentlich wollte ich gar nicht Bauer werden, eher Zimmerer oder Schreiner. Mit Holz arbeiten hat mir immer schon Spaß gemacht und das ist mir bis heute geblieben. Auch die Wiege für unsere Kinder habe ich selbst gebaut. Aber damals, 1975, als mein Vater von meinem Berufswunsch hörte, hat er nur gesagt: „Nix da. Du wirst Bauer. Und aus!“

Als Kinder haben wir immer auf dem Hof mitgearbeitet und alles machen können. Und „de Ross“, die es von jeher am Bergerhof gab, haben es mir schon immer angetan. Wenn mein Bruder und ich, mit 8 und 10 Jahren, "de Ross" eingespannt haben, war meist der Opa mit dabei. Es war eine andere, eine schöne Zeit. Alles war viel einfacher und bescheiden. Aber das ist Vergangenheit.

Die Landwirtschaft hat sich seither massiv entwickelt. Heute hat man „de Ross“ mehr zum Züchten, für Lehardi (Leonhardifahrt), Festzug und Brauchtumsveranstaltungen.

Wir sind vier Geschwister. Ich bin der Älteste. Mein Bruder wurde zwei Jahre nach mir 1962 geboren. Ende 1963 folgte meine Schwester Anni, verheiratet am Winklerhof. Mein Bruder hat 1990 beim Lory, zum Fendt, reingeheiratet.

Die jüngste Schwester Petra, geboren 1970, ist auch Bäuerin, in Antdorf beim Weberla. Meine Frau Irmgard und ich haben drei Kinder. Der ältere Sohn, Josef Mayr, hat im Herbst 2016 den Hof mit rund 50 Kühen übernommen.

Der Josef hat dann von 2017 bis 2019 den neuen Stall gebaut, da der alte noch einer mit Anbindehaltung war. Die Kühe und Kälber können seither jederzeit zum Saufen und Fressen gehen oder sich selbst mit der vollautomatischen Kuhputzmaschine säubern und kratzen, von vorn bis hinten, was diese auch sehr gern und ausgiebig machen.

Die Viecher von Hand zu putzen, ist sonst wirklich schwere, körperliche Arbeit. Der Arbeitstag beginnt täglich um 5 Uhr und endet meist erst gegen 19:30 Uhr. Heute gibt es auf dem Bergerhof 90 bis 95 Kühe.

Das zweite Kind ist die Veronika, die nach Siffelhofen, einem Gemeindeteil von Antdorf, geheiratet hat. Die jüngere Tochter ist die Katharina, geboren 1990. Sie hat Arzthelferin in der Hausarztpraxis Heinrich und Bader in Uffing gelernt, wurde übernommen und ist dort ganz glücklich.

Zurzeit bin ich viel im Fuchswald. Der Fuchswald ist für die Schöffau ungemein wichtig. Jeder Schöffauer Bauer hatte ursprünglich seinen Anteil an den ca. 1500 Tagwerk Fuchswald. Dieser Wald ist eine gute Ergänzung zur Landwirtschaft und auch ein kleiner Reichtum. Man braucht das Brennholz zum Heizen, oder man kann, wenn Investitionen anstehen, auch mal Holz aus schlagbarem Wald verkaufen.

Das Trachtenwesen war mir immer schon ein großes Anliegen. Mit 9 Jahren bin ich zur Jugendgruppe des Gebirgstrachtenvereins Wachtbichler gekommen. Auch das Plattln hat mich seit jeher wahnsinnig interessiert. So wurde ich mit 16 zweiter und mit 21 erster Vorplattler.

Mit 27 bin ich dem Vorstand der Oberländer Trachtenvereinigung aufgefallen und dann zweiter Gauvorplattler und von 1994 bis 2008 erster Gauvorplattler gewesen. Von 2008 bis 2011 war ich zweiter Gauvorstand und bin bis heute erster Gauvorstand der Oberländer Trachtenvereinigung.

Zudem war ich im Dorf lange Zeit zweiter, später auch erster Trachtenvorstand.

Das mit dem Plattln geht heute nicht mehr, da ich durch das ständige Auf und Nieder, Rum und Drum, Probleme mit dem Gleichgewichtssinn bekomme und mir auch das Schnaufen nicht mehr ganz so leichtfällt.

Was das Gemeindeleben angeht, hat sich in den Jahren, auch seit Corona, einiges im Dorf geändert. Die Jüngeren wollen sich heute am Sonntagvormittag meist lieber mit den Kindern beschäftigen oder musizieren, als, wie früher, die Kinder schön anzuziehen und dann gemeinsam in die Kirche zum Gottesdienst zu gehen.

Was die Landwirtschaft betrifft, hat Schöffau das Glück, dass die familiengeführten Betriebe mit wenigstens 30 bis 50 Kühen relativ groß sind und dadurch jeder sein Auskommen hat. Heute hat über ein Drittel der Schöffauer Betriebe seine Milchproduktion bereits auf Bio umgestellt und einige wenige auf Mutterkuhhaltung.

Ich bin jetzt 63 und dabei, nach und nach meine Posten abzugeben. Nach 22 Jahren so auch den ersten Vorstand Bayerischer Hengsthalter für Kaltblut und Haflinger. Im Herbst kommt dann, bereits ausgemacht, der Posten des Gauvorstands dran.

Meine Frau und ich werden älter und möchten es zukünftig etwas ruhiger angehen lassen und mehr den Lebensabend genießen. Dazu gehört für uns, gemeinsam öfter Ausflüge mit dem Radl zu machen, Almen zu begehen und mal sonst wo im Oberbayerischen und Bayerischen unterwegs zu sein, auch um Einladungen von Leuten anzunehmen, die wir über die Jahre kennengelernt haben.“

Sascha Chowdhury,
nach einem Interview mit Josef Mayr am 15. Februar 2023

(veröffentlicht in Hoagart 07 | April 2023, siehe unten, Seite 19)

 

April 2023

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