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Der Lungenenzian-Ameisenbläuling – ganz schön trickreich!

Der Lungenenzian-Ameisenbläuling – ganz schön trickreich!

Der Lungenenzian-Ameisenbläuling – ganz schön trickreich!

Information
Bürger | veröffentlicht am: 30 Juni 2023 | bearbeitet am: 01 Juli 2023

Der Lungenenzian-Ameisenbläuling (Maculinea alcon), auch Kleiner Moorbläuling genannt, ist ein Schmetterling aus der Familie der Bläulinge. In neueren Untersuchungen wird er mit dem Kreuzenzian-Ameisenbläuling (Maculinea rebeli) als eine Art beschrieben. 

Beide Formen unterscheiden sich jedoch deutlich hinsichtlich ihrer Nahrungspflanzen, Wirtsameisen und Habitate. Wie alle Maculinea-Arten sind sie für ihre Schönheit, Seltenheit und ihren außergewöhnlichen Lebenszyklus bekannt.

Merkmale: Die Falter erreichen eine Flügelspannweite von 32 bis 36 mm. Sie haben blaue, leicht ins Weißliche gehende, mit dunklem Rand versehene (Männchen) oder dunkelbraune, am Flügelansatz leicht blau gestäubte (Weibchen) Flügeloberseiten, deren Rand weiß gefranst ist. Die Flügelunterseiten sind hellgrau und haben mehrere schwarze, weiß umrandete Flecken.

Verbreitung in Bayern: Das westliche Voralpenland und Ammer-Loisach-Hügelland sind das hauptsächliche Verbreitungsgebiet in Bayern.

Habitat: Der Lungenenzian-Bläuling bewohnt als „Feuchtwiesen-Ökotyp“ in alpiner Hügel- und Moorlandschaft als Streuwiesen bewirtschaftete Niedermoore und Pfeifengraswiesen. Er benötigt zur Eiablage Blüten spät blühender Enziane. In Bayern gibt es Populationen, die allein von Lungen- oder Schwalbenwurzenzian oder beiden zusammen als Eiablage- und Raupenfutterpflanze abhängig sind. Vor Uffings Haustür finden sich solche Habitate im Naturschutzgebiet am Staffelsee.

Entwicklung: Lebensgemeinschaft mit Enzianen und Ameisen
Das Weibchen legt die abgeflachten, weißen Eier, die ungefähr stecknadelkopfgroß und bei genauem Hinschauen mit bloßem Auge erkennbar sind, an Knospen, selten auch auf Stängel und Blätter der Futterpflanzen ab, auf die man ab Juli achten kann. Die Eier an oder bei Enzianknospen sind ein sicherer Hinweis auf den Enzian-Ameisenbläuling.

Die Jungraupen schlüpfen nach 4 bis 10 Tagen unten aus den Eihüllen, fressen sich durch den Blütenkelch und gelangen so in den Fruchtknoten. Sie ernähren sich 2 bis 3 Wochen von der Blüte und häuten sich in dieser Zeit zwei- bis dreimal. Nach der letzten Häutung fressen sie sich einen Weg nach draußen und lassen sich zu Boden fallen. Die Raupen sind jetzt ca. 15 mm lang, hellrötlich oder gelblich gefärbt und haben einen schwarzen Kopf. Die zukünftigen, artspezifischen Wirtsameisen (Ameisen aus der Gattung Myrmica = rote Wiesenameise) werden von den Bläulingen durch die Imitation von Ameisenlarven-Duftstoffen und der chemischen Oberflächenstruktur ihrer Außenhaut regelrecht hinters Licht geführt. So werden sie als eigene Larve akzeptiert und von den Ameisen in ihr Nest getragen und sogar bevorzugt gefüttert, was durchaus den eigenen Nachwuchs gefährden kann.

Bei den Nestern der Wirtsameisen darf man sich aber keine großen Haufen wie bei den Waldameisen vorstellen. Die Bauten sind unscheinbar, weitgehend unterirdisch angelegt und schwer zu finden. Im Frühsommer verpuppen sich die Raupen nahe an der Oberfläche und schlüpfen ein paar Wochen später aus. Nun müssen sie sich beeilen, das Nest zu verlassen, da ihnen jetzt die den Raupen eigene, schützende Duftmaskierung fehlt.

Das Schlüpfen erfolgt zwischen 8 und 10 Uhr. Die Weibchen paaren sich sofort nach dem Schlüpfen, manchmal sogar bevor ihre Flügel trocken sind, und beginnen mit dem Eierlegen schon am Ende ihres ersten Tages! Die Falter können gut 1 Monat alt werden, das durchschnittliche Lebensalter in Freiheit beträgt aber nur etwa 5 Tage.

Aufgrund der engen wechselseitigen Abhängigkeiten innerhalb dieser spezifischen Tier-Pflanzen-Lebensgemeinschaft gilt der Enzian-Ameisenbläuling als eine typische Schlüsselart. Als solche übt sie im Vergleich zu ihrer geringen Häufigkeit einen verhältnismäßig großen Einfluss auf die Artenvielfalt aus: Fällt eine solche Art weg, bricht ein ganzes ökologisches Gefüge zusammen, da keine andere Art in der Lage ist, die ökologische Nische zu besetzen.#

Gefährdung: Die Enzian-Ameisenbläulinge sind durch die Trockenlegung von Feuchtgebieten, aber auch durch klimatische Schwankungen verbunden mit Trockenperioden sowie Düngung und häufigen Schnitt stark gefährdet. In Deutschland und auch in Bayern werden beide Enzian-Ameisenbläulinge in der Roten Liste in die Kategorie 2 (stark gefährdet) eingestuft.

Da Bayern innerhalb Deutschlands und Europas einen Verbreitungsschwerpunkt der europaweit gefährdeten Art bildet, ergibt sich hieraus auch eine besondere Schutzverantwortung!

Forschung zum Schutz des Lungenenzian-Ameisenbläulings: In einem Forschungsprojekt der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) wurde untersucht, welche Mahdfrequenz sich am günstigsten für den Schutz der unterschiedlichen Bläulinge auswirkt. Findet sie statt, bevor die Raupen das letzte Larvenstadium erreicht haben und die Wirtspflanze verlassen, geht mit dem Abtransport des Mähgutes die Brut verloren. Ist davon der überwiegende Teil des Habitates betroffen, können auf diese Weise ganze Populationen vernichtet werden. Für die Wirtspflanze Lungenenzian wird in der Untersuchung eine jährliche Mahd ab etwa Mitte September empfohlen.

Die Streuwiesen in unserem Naturschutzgebiet stehen unter Vertragsnaturschutz. Landwirte erhalten für eine späte Mahd staatliche Gelder. Hiervon profitieren nicht nur die spätblühenden Arten wie der Lungenenzian, sondern z. B. auch die Wiesenbrüter.

Bei den meisten Streuwiesen wurden mit den Landwirten Schnittzeitpunkte ab 1. September vereinbart. Gleichzeitig wer-den einige Landwirte bei der kommenden Mahd Brachestreifen (= Aussparen von Mähstreifen) stehenlassen. Solche Vereinbarungen sind von Seiten der Landwirtschaft freiwillig.

Edeltraud Brunner
für die Naturschutzwacht Uffing

(veröffentlicht in Hoagart 08 | Juli 2023, siehe unten, Seite 58)

 

Juli 2023

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