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Steinchen im Starkregen

Steinchen im Starkregen

Steinchen im Starkregen

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Bürger | veröffentlicht am: 28 März 2024 | bearbeitet am: 28 März 2024

Kräftige Regengüsse, stets aus sommerlichen gewittrigen Wolken, sind in Uffing und insbesondere im alpinen Raum nicht selten.

Die kräftigsten Starkregen, so die Definition, bringen mindestens fünf Millimeter Niederschlag in fünf Minuten. Als Wirkung des Klimawandels wird eine vermehrte Häufigkeit und Intensität von Starkregen beobachtet und erwartet.

Auf versiegelten Flächen, auch auf ausgetrocknetem und zunächst wasserabweisendem Boden, sammelt sich schnell genügend Niederschlag. Es bildet sich eine zuerst von der Unterlage getrennte, nach Durchfeuchtung dieser eine haftende Wasserhaut. Wasser fließt dem Gefälle entsprechend an der Oberfläche ab, kann sich Kanäle freispülen, beispielsweise entlang der Kanten von Asphalt und losem Erdboden. Körner (meist Steinchen) auf einer Straßendecke, deren Gewicht im Wasser um ihren Auftrieb verringert ist, werden in die Kanalisation gespült. Ihre Kapazität wie auch die Bodenerosion sind in Uffing aktuelle Themen.

Bei Starkregen-Ereignissen, beispielsweise mittags am 23. Mai 2023, tritt eine Reihe wirkungsvoller und allgemein gültiger Erscheinungen auf. Diese lassen sich gut beobachten.

Die fallenden Wassertropfen

Großtropfiger Starkregen ergibt sich fast immer aus Hagelkörnern. Durch wiederholte Vertikalbewegungen in mächtigen Quellwolken angewachsen, fällt schmelzender Hagel der Schwerkraft entsprechend zu Boden. Dieser entgegen wirkt die bremsende Reibung mit der Luft.

Eine feste Endgeschwindigkeit wird erreicht, wenn sich Beschleunigung und Verzögerung, abhängig von Luftdichte, Form und Masse („Gewicht“) der Tropfen, im Gleichgewicht befinden. Es wird beschrieben durch das Gesetz von George Gabriel Stokes in England, angegeben 1845.

Wenn die Reibung gegen die Luft die zusammenhaltende Kraft eines Tropfens (Oberflächenspannung) übertrifft, wird er in kleinere zerrissen. Die höchsten Endgeschwindigkeiten von Tropfen erreichen sieben bis acht Meter pro Sekunde.

Vom Aufschlag der Tropfen

Die Fallenergie der Tropfen ist erheblich. Treffen sie auf Wasser, etwa Pfützen oder die Seeoberfläche auf, sieht man sie etwas in die Höhe hüpfen. Weil Wasser sich kaum zusammendrücken lässt, ist der Zusammenstoß relativ elastisch. Anders bei unelastischen Stößen, bei denen viel der Bewegungsenergie in Deformationen und Wärme überführt wird.
Körner des Erdbodens werden von der Energie des aufprallenden Tropfens aus ihrem Verbund losgeschlagen. Sie bilden einen kleinen Wall um den Treffpunkt des Tropfens. Ursache des seitlichen Auswerfens von Partikeln ist die Kompression des Bodenmaterials. Einander nachfolgende Tropfen, zunehmender Wassergehalt, destabilisiert den Boden. Bildet sich eine Wasserhaut, nimmt diese die gesamte Bewegungsenergie des Tropfens auf und überträgt sie relativ elastisch auf den Boden (siehe oben).

Wo flache Steine erodierbaren Boden abdecken und häufig Starkregen auftreten, können über die Zeit säulenähnliche Erdpyramiden entstehen, so in Tirol.

Fließendes Wasser

Das Gefälle der Bodenoberfläche, insbesondere auch die zur Entwässerung (Maßnahme gegen Aquaplaning von Radreifen) konstruierte seitliche Neigung einer Straßendecke, ergibt durch die Schwerkraft einen Druckunterschied. Der setzt und hält das Wasser in Bewegung.
Die Rauigkeit des Bodens wirkt über die Schwerkraft zwischen diesem und dem Wasser auf das Fließen bremsend. In der Reibungsschicht zwischen festem Boden und bewegtem Wasser treten (winzige) Wirbel auf. Durch sie, abhängig von der Zähigkeit des Wassers, wird Bewegungsenergie in Wärme umgewandelt. Der französische Wasserbauingenieur Henry Darcy hat diese Verhältnisse in den 1850er Jahren erforscht. Zu beobachten ist, dass das Wasser binnen Sekunden über Asphalt periodisch schubweise fließt.

Das Mitreißen von Körnern

Nach dem Archimedes von Syrakus auf Sizilien (287 – 211 v. Chr.) zugeschriebenen Prinzip erhalten Körner einen Auftrieb im Wasser gleich der von ihnen verdrängten Masse an Wasser. Vom Wasser umgebene Körner werden daher leichter als in Luft. (Wer in den Staffelsee watet, wird um das vom Körper verdrängte Wasser leichter.)

Über Körnern und Erhöhungen am Boden, welche den Fluss des Wassers behindern, beschleunigt sich dieses. Denn an einem Hindernis kann ein bestimmtes Volumen nur vorbei fließen, indem sich seine Geschwindigkeit erhöht. (Daher nimmt auch der Wind an Hauskanten zu.)

Weil aber die Energie nach einem Grundprinzip der Natur in seiner Summe erhalten bleibt, nimmt der (statische) Druck des Wassers auf die Unterlage entsprechend der erhöhten Fließgeschwindigkeit ab. Der verringerte Druck begünstigt, dass Partikel vom Boden in das fließende Wasser hineingehoben oder zumindest vom Wasser gerollt werden. Diese Gesetzmäßigkeit ist von dem Schweizer Daniel Bernoulli 1738 geklärt worden.

Körner mit dem Wasser unterwegs

Die (dynamische) Zähigkeit, die innere Reibung des Wassers (der Moleküle gegeneinander), bestimmt die Scherspannung (Kraft), welche zwischen festem Boden und der Flüssigkeit (Wasser) übertragen wird. Daraus ergibt sich das durch einen (gedachten Rohr-)Querschnitt fließende Wasservolumen in der Zeiteinheit. Gotthilf Heinrich Ludwig Hagen, ein deutscher Forscher, und der französische Jean Louis Marie Poiseuille haben unabhängig voneinander in den 1830er Jahren diese Gesetzmäßigkeit angegeben.

Die Fracht von Partikeln (Körnern) im Wasser, am Boden geschoben oder gerollt, bedeutet zu den oben erwähnten winzigen Wirbeln zwischen fester Unterlage und Oberfläche einer bewegten Wasserschicht zusätzliche Reibung. Umso mehr wird das Fließen des Wassers verzögert oder aufgestaut, bis der sich aufbauende Widerstand überwunden wird. Fracht zusätzlich zur Zähigkeit verstärkt das pulsierende Fließen.

Reinhard Mook

Foto oben: „Wasser ist kaum zusammendrückbar, ist unelastisch. Der Aufschlag des Tropfens ist ein harter Stoß. Die Fallenergie hebt den Tropfen im Rückstoß.“ © Terry Vlisidis, Unsplash

(veröffentlicht in Hoagart 11 | April 2024, siehe unten, Seite 52)

 

April 2024

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