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Kuraufenthalt für die kleine Königin der Instrumente

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Kuraufenthalt für die kleine Königin der Instrumente

Information
Bürger | veröffentlicht am: 01 Oktober 2023 | bearbeitet am: 01 Oktober 2023

Liebe Leser von Hoagart,
stellvertretend für die ehrwürdige Schöffauer Kirchen-Orgel (erb. 1906) möchte ich, Thomas Wehrsdorf, langjähriger Organist von St. Anna, ein paar Zeilen an Sie richten.

Beim ersten Hinhören klingt die Schöffauer Orgel zunächst einmal ganz schön, wie ihr aber wirklich zumute ist, und was ihr fehlt, sagt sie zuerst aber dem, mit dem sie am meisten zu tun hat, und das ist der Organist. Wer genau hinhört, bemerkt aber doch, dass die Orgel immer wieder mal „weint“ oder besser gesagt „heult“. „Heuler“ in der Orgel sind Dauertöne, die mit viel Glück wieder verstummen. Einer dieser Dauer-Heuler ließ sich tatsächlich über Monate nicht abstellen, sodass beim Orgelspiel auf das Pedal ganz verzichtet werden musste und man „nur“ noch Klavier spielen konnte. Hauptursache für diese Heuler sind die Funktionsmängel des 120 Jahre alten Spieltisches. Seine Technik ist anspruchsvoll und seine Überholung leider überfällig. Darüber hinaus möchte die St.-Anna-Orgel auch sagen, dass sich in ihrem Pfeifenwerk viel Staub und Schmutz angesammelt haben und so ihre Stimmung und den Klang beeinträchtigen.

Der Diözesan-Orgelsachverständige Pater Stefan Kling schrieb bereits 2019 ein Gutachten zur Schöffauer Orgel: „Die Orgel stellt ein schönes Zeugnis ihrer Zeit dar und steht unter Denkmalschutz. Sie ist von guter Substanz und eigentlich klanglich sehr schön. Beim Ortstermin war eine starke Verschmutzung festzustellen, worunter Intonation und Stimmung leiden. Ferner neigt das Instrument derzeit ständig zu Störungen – Tonausfälle einerseits und Dauertöne („Heuler“) andererseits. (...) Um das Instrument technisch und klanglich in einen dauerhaft guten Zustand zu bringen, ist deshalb eine gründliche technische Sanierung samt Reinigung und Nachintonation notwendig.“

Die Schöffauer Orgel wurde durch den „Königlich Bayerischen Hoforgelbauer Franz Borgias Maerz“ (1848-1910) aus München erbaut. Seine in der Landsberger Straße ansässige Firma erstellte über 400 Orgelwerke im süddeutschen Raum. 50 Orgeln allein in München, oft über 10 Orgeln pro Jahr. Alle verwendeten Materialien zeugen von einem kompromisslosen Qualitätsniveau. Mittlerweile sind die meisten Maerz-Orgeln verschwunden. In München wurden diese im Krieg flächendeckend zerstört und auf dem Lande aufgrund des dem Wandel unterliegendem Hörgeschmacks häufig durch neuere Orgeln ersetzt.

Die nun für die Überholung ausgewählte Firma „Orgelbau Benedikt Maria Schreier“ aus Thierhaupten bei Augsburg wird sehr empfohlen. Der junge und ambitionierte Orgelbaumeister hat inzwischen die Firma seines Vaters übernommen. Der Vater arbeitet mit seiner Erfahrung weiter unterstützend mit. Ab Mitte September wird nun mit der Überholung begonnen. Ein Großteil der Orgel wird in die Werkstatt nach Thierhaupten transportiert, man könnte sagen, die kleine Königin geht für die nächsten Wochen mal auf eine intensive Kur. Der geneigte Zuhörer darf sich auf eine substanzbewahrende Orgel-Restaurierung freuen, die das Erbe von Maerz nicht übertüncht, sondern es im ursprünglichen Glanz in die Zukunft tragen lässt.

Die dienende Funktion der Orgel im Kirchenjahr erfordert ein Instrument, das klanglich und funktional dazu beiträgt, einen Werktags-, Sonn- und Feiertagsgottesdienst oder ein Requiem würdig zu gestalten. So hoffe ich als Organist an dieser Orgel auch ein wenig auf Ihr Verständnis und Ihre Mithilfe. Möge einem lebendigen Gemeindegesang auch künftig eine unauffällig funktionierende und weiterhin klangschöne Orgel zur Seite stehen.

Thomas Wehrsdorf,
Organist St. Anna, Schöffau

(veröffentlicht in Hoagart 09 | Oktober 2023, siehe unten, Seite 11)

 

Oktober 2023

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