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Schwarzes Eis und anderes

Schwarzes Eis und anderes

Schwarzes Eis und anderes

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Bürger | veröffentlicht am: 30 Dezember 2023 | bearbeitet am: 30 Dezember 2023

Sinn dieses Artikels ist es, an gefrorenes Wasser auf Straßen und dem möglichen Verlust der Richtungskontrolle zu erinnern.

Eine schwarze Fahrbahn auch im Winter ist zwar das erklärte Ziel jeder Straßenverwaltung. Die Witterung ist gelegentlich schneller, ihre Wirkungen auf den Verkehr heftiger als vorzubeugen möglich. Der Winterdienst kann nur örtlich wirken, die Witterung aber wirkt über Flächen. Auch gibt es Wege, auf denen Schnee- oder Eisglätte für einige Zeit unumgänglich sind.

Von mancherlei Eis

„Schwarzes“ Eis bedeutet kaum sichtbares, weil durchsichtiges Eis auf Asphalt. Es ist schwer zu erkennen, zumal bei Dunkelheit. Für Straßen können oft nur allgemeine Erwartungen angegeben werden. Allerdings mag von Eis überzogener Asphalt etwas dunkler erscheinen als ohne. Die Oberfläche von Asphalt, genug vergrößert, gleicht einer bizarren Gebirgslandschaft. Man spricht von Poren für Vertiefungen, Asperiten für Erhebungen, insgesamt von Textur. Kinder erfahren, dass nasse Steine schöner aussehen als abgetrocknete. Vielfache Absorption und Streuung von Licht an den trockenen Porenwänden ergeben die Grauverhüllung. Sie lässt aus optischer Ursache den trockenen Asphalt heller aussehen als den von flüssigem oder gefrorenem Wasser benetzten.

Der Zustand der Kontamination von gefrorenem Wasser ist geprägt von ihrer Vorgeschichte: Beispielsweise kann Schnee durch Verkehr verdichtet, flüssiges Wasser im Schnee ausgepresst und anschließend zu einem kompakten Material umgeformt worden sein. Wie Schnee oder Reif durch eingeschlossene Luft weiß erscheint, so das Folgeprodukt aus kompaktiertem Schnee mit eingeschlossener Luft und auch Körnern aus wiedergefrorenem Wasser insgesamt grau.

Nicht unumstritten (Korrosion an Fahrzeugen; Schädigung der Vegetation) wird Eis auf Straßen durch Salze abgetaut oder verhindert. Der Gefrierpunkt von Salzlösungen ist erniedrigt. Wenn aber durch Schmelzwasser, Regen oder Tau die Salzlösung verdünnt wird, kann sich bei fallender Temperatur, oft überraschend, ungewöhnlich hartes Eis bilden.

Tau, der anschließend zu Eis gefriert, oder Reif, bilden sich begünstigt auf Asperiten, weil diese durch Abstrahlung und Ventilation bevorzugt Wärme abgeben. Flüster-Asphalt zeichnet sich durch tiefe Poren, dadurch aber exponierte Asperiten aus. Verkehr zermahlt Reif oft zu einem in sich leicht beweglichem Eis-Staub sehr geringer Griffigkeit. Ähnlich wirkt dichtes Schneetreiben bei tiefer Temperatur.

Von Glätte

Bekanntlich und sprichwörtlich ist Eis glatt. Die Reibung eines bewegten Körpers ist verringert. Auf trockenem Asphalt beruht die Griffigkeit zu einem erheblichen Anteil auf molekularen Kräften zwischen Mineralkornflächen und Reifengummi. Diabas ist besser geeignet als Dolomit. Eine Schicht von Eis macht den Zuschlag von Mineralkörnern wirkungslos. Die Reibung an Eis nimmt zu mit fallender Temperatur, entspräche bei -40 °C einem Sandpapier. Nahe unter dem Gefrierpunkt aber ist Eis mit flüssigem Wasser überzogen, das als Schmierschicht wirkt.
Klimatisch liegt das Voralpenland in einer Zone häufigen Frostwechsels. Periodisch im Tagesverlauf taut durch solare Strahlung gefrorener Belag von oben und auch von unten, gefriert wieder, wenn die Eigen-Ausstrahlung im Effekt überwiegt.
Zeitliche Änderungen des Straßenzustandes wirken zusammen mit örtlichen. Bekannt sind Eis entlang beschatteter Abschnitte, auf Brücken gekühlt durch Abstrahlung von unten her, Eis an Grenzen zwischen Tunneln und freiem Himmel. Kaum zu erkennen sind Wegestrecken gebaut auf schlecht wärmeleitendem Unterbau (Überbrückung von Gelände-Einschnitten), daher schnelle Abkühlung der Straßendecke.

Durch die Dynamik der Gummireifen sowie die Reibung gegen die Fahrbahn erwärmt sich die Reifenlauffläche. Es kann sich auf komprimiertem Schnee oder Eis für den Moment des Kontaktes ein Film aus flüssigem Wasser bilden, dadurch zum Gleiten führen und eine im Licht glänzende lamellenartige Spur hinterlassen.

Sehr nasser Schnee geringer Höhe kann von den Reifen zur Seite gedrückt und Kontakt zwischen Lauffläche und Fahrbahn erreicht werden. Der Rollwiderstand erhöht sich. Zunehmende Mächtigkeit eines Eis-Wasser-Gemisches, abhängig auch von der Fahrgeschwindigkeit, kann eine Sohle aus nassem Eis, darüber ausgepresstem Wasser bilden. Es könnte Aquaplaning eintreten.

Von Kräften

Kraft ist definiert als Masse x Beschleunigung. Anfahren, Bremsen und Steuern (Änderung der Richtung) sind Beschleunigungen. Eine gekrümmte Bewegung löst die nach außen gerichtete Zentripetalkraft (Fliehkraft) aus. Zusätzlich können Druck durch Wind und Fahrspuren in Schnee wirken.

Die Reibung (Griffigkeit) der Straßendecke gegenüber der Lauffläche eines Rades (gilt auch für eine Schuhsohle) ist eine Kraft, welche die vorher genannten Kräfte mindestens kompensieren muss, soll der bewegte Körper (Auto, Person) kontrollierbar bleiben. Je stärker die Beschleunigungen, um so größer muss die Reibung sein, um Antriebs- oder Bremskraft der Räder oder des Winddruckes zu übertragen. Bei nicht-festen Stoffen kommt es auf die innere Reibung an, die bei Flüssigkeiten (abhängig von ihrer Zähigkeit) gering ist. Bei Schnee spielt das flüssige Wasser über und zwischen Eiskörnern eine große Rolle.

Unter Schlupf wird das Verhältnis zwischen Länge des Radumfangs und der wirklich zurückgelegten Strecke verstanden. Von Zahnrädern (Bergbahnen) mit Schlupf nahezu null abgesehen, ist ein begrenzter Schlupf unvermeidlich. Beim Durchdrehen der Räder (Blockieren) ist der Schlupf 100 Prozent. Der Schlupf ist ein Maß für die nicht übertragbare Kraft, damit auch für die aktivierbare Reibungskraft. Diese verursacht den Verschleiß von Radprofilen. Auf Techniken, Schlupf und Fahrverhalten automatisch zu optimieren, kann hier nicht eingegangen werden.

Profile der Laufflächen (Winterreifen, Spikes) oder das Ausbringen von Sand sollen die Reibung auf Eis erhöhen. Günstig wirkt das Festfrieren der Sandkörner. Bei losem Sand sind dessen Korngröße, damit die Angriffsfläche durch Wind, Korngewicht und Verschiebung durch Verkehr wesentlich.

Ein Hilfsmittel, das Zusammenwirken der verschiedenen Kräfte graphisch und relativ zur verfügbaren Reibungskraft darzustellen, ist der nach Wunibald Kamm (1893 – 1966) benannte Kreis. Sein Radius entspricht der erwarteten Reibung, ist auf trockenem Asphalt größer als auf vereistem. Vom Kreismittelpunkt (Fahrzeug) aus werden alle Kräfte, ihrer Stärke und Richtung nach als Pfeile (Vektoren) eingezeichnet. Liegt ihre Summe (die Resultierende) innerhalb des Kreises, ist hinreichende Reibung zu erwarten. Andernfalls ist die kompensierende Reibungskraft zu gering.

Reinhard Mook

(veröffentlicht in Hoagart 10 | Januar 2024, siehe unten, Seite 48)

 

Januar 2024

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