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Mi, Apr 30, 2025
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Von der Molkerei zu „Käse Mayr“

Von der Molkerei zu „Käse Mayr“

Von der Molkerei zu „Käse Mayr“

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Bürger | veröffentlicht am: 27 März 2025 | bearbeitet am: 27 März 2025

Also, ich bin die Martina Mayr, in Polling geborene Keller. Ich habe einen Bruder, meine Eltern sind beide schon verstorben.

Ich habe Bäckereifachverkäuferin in der Klosterbäckerei in Polling gelernt. Dann nach meiner Lehre noch knapp zwei Jahre bei Tengelmann in Weilheim gearbeitet. Den Wolfgang habe ich mit 18 beim Tanzen kennengelernt. Und dann hat sich da was entwickelt.

Ich bin der Wolfgang Mayr und komme aus Oberhausen. Ich bin der jüngste Sohn einer Landwirtschaftsfamilie. Meine Eltern leben beide. Ich habe drei ältere Geschwister, zwei Brüder und eine Schwester. Ich habe in der Metzgerei Schneider in Oberhausen meine Metzgerlehre und dann neben meiner Metzgertätigkeit auch Hausschlachtung gemacht. 1993 sind Martina, damals erst 20, und ich, 22, nach Uffing gekommen.

Anfang 1993 hat mein Onkel Jackl, Familie Stückl, uns davon erzählt, dass die Molkerei in Uffing verkauft werden soll und das doch etwas für uns sein könnte.

Die Molkerei war früher eine Milchannahmestelle, zu der die Bauern täglich die Milch brachten. Im Herbst 1992 wurde auf die Sammelabholung ab Hof umgestellt. Somit wurde die Molkerei praktisch nicht mehr gebraucht. Das Gebäude, die Molkerei, hat zu dieser Zeit der Molkereigenossenschaft gehört. Die Besitzer waren 28 Landwirte.

Eine Woche drauf, nachdem ich von dem anstehenden Verkauf gehört hatte, habe ich dann beim Vorstand der Molkereigenossenschaft, dem Stückl Hans, geschlachtet. Er hat damals zu mir gesagt, dass er gehört habe, dass ich Interesse an der Molkerei hätte. Interesse hielt ich zu diesem Zeitpunkt für ein bisschen hochgegriffen. Aber er gesagt, schaut es euch doch alles einfach mal an.
So kam es dann kurz drauf an einem Sonntag dazu, dass wir ganz unverbindlich zusammen mit dem Vorstand das Gebäude besichtigt haben. Unsere Eltern waren mit dabei und sind danach zu dem Entschluss kommen: „Ja, warum nicht!“ Dann haben wir uns einen Steuerberater gesucht, da wir keine Ahnung hatten, ob sich der Laden für uns rechnet. Die Antwort war, es könnte gehen, wenn man die Personalkosten niedrig hält und auch sonst selbst anpackt.

Und dann haben wir Anfang Dezember 1993, bei der Versammlung der genossenschaftlichen 28 Molkereibesitzer im Gasthof zur Post unser Angebot abgegeben.

Neben anderen Bewerbern haben wir dann uns und unseren Plan vorgestellt. Wir hatten zwar nicht am meisten geboten, jedoch zugesagt, dass wir mit allem wie bisher weiter machen möchten. Insbesondere den älteren Bauern war es wichtig, dass ihre ehemalige Molkerei nicht abgerissen oder irgendein Wohnhaus gebaut wird, sondern das alte Gebäude so erhalten bleibt.

Kurzum, wir haben den Laden bekommen und ohne irgendetwas geändert zu haben, dann am 10. Januar 1994 aufgesperrt.

Frau Sailer, Angestellte der Molkereigenossenschaft, die bis dahin den Laden betrieben hatte, ist mit der Übergabe als unsere Vorgängerin in den Ruhestand gegangen.

Der kleine Edeka-Markt hatte zunächst eine Ladenfläche von 60 Quadratmeter. Auf der Fläche, auf der zuvor die Milchannahmestelle war, haben wir dann zusätzlich Getränke verkauft.

Das Sortiment war damals ähnlich wie heute. Nur gab es auf Grund einer Absprache mit der Metzgerei Haller – „der Metzger verkauft die Wurst, die Molkerei den Käse“ – keine offenen Wurstwaren.

Das große Käsesortiment war schon immer ein Aushängeschild des kleinen Ladens. Ebenso gab es, was man so für den täglichen Bedarf benötigt.

Damals waren bei uns halbtags die Mück Michaela und die Janisch Christel als geringfügig Beschäftigte angestellt. Und natürlich wir zwei.

Leider hatten wir keine belegbaren Vergleichszahlen, als der Laden noch der Molkereigenossenschaft gehörte, und noch keine Erfahrung als Unternehmer. Jedoch wurden wir von Anfang an von den Leuten ohne Vorbehalte angenommen und immer unterstützt, sodass es sich von Anfang an gerechnet hat.

Geheiratet haben wir am 29. April 1995 kirchlich in Uffing. Die Feier war in Oberhausen.

Unser Andreas ist 1996 auf die Welt gekommen. Unser Martin 1998 und die Barbara dann 2004.

Unser Tag fängt, seitdem wir den Laden haben, meist um 4:15 Uhr an.

Damit finanziell nichts „obrennt“, ist Wolfgang am Anfang weiterhin eineinhalb Jahre, drei Mal in der Woche, bereits um drei Uhr, nebenbei als Metzger, in die Arbeit gegangen und stand dann ab 8 Uhr wieder hier gemeinsam mit mir im Laden.

2001 haben wir mitgekriegt, dass draußen in der Bahnhofstraße ein Markt entstehen soll. Wir haben dann gesagt, also, wenn da ein neuer Markt kommt und es Konkurrenz gibt, müssen wir uns besser aufstellen. Wir hatten keinen Plan B und mit der Übernahme der Molkerei alles auf eine Karte gesetzt. Daher haben wir 2003 den Laden, so wie er heute dasteht, umgebaut, von 60 auf die heutigen 120 Quadratmeter.

Hierzu haben wir uns ein paar Handwerker aus dem Ort mit ins Boot geholt. Der Grundplan kam von der Firma Wittig und vom Biehler Matthias. Nur zwei Wochen war das Geschäft geschlossen, insbesondere um Mauern rauszureißen. Den Rest haben wir im laufenden Betrieb gemacht.

Am 1. April 2005 haben wir die Poststelle in unseren kleinen Laden in der Hauptstraße mit dazu genommen.

Im Jahr 2005 hat der Edeka in der Bahnhofstraße als Mitbewerber aufgemacht. Und, siehe da, der große Edeka hat uns keinen Umsatz weggenommen, weil wir dank treuer Kundschaft und vom Sortiment her gut aufgestellt waren.

Im Jahr 2010 sind wir dann mehrfach angefragt worden, ob wir nicht Interesse an dem großen Edeka hätten, da dieser privatisiert werden sollte. Und da haben wir uns gesagt, bevor wir nochmals Konkurrenz von außen zulassen, machen wir uns lieber selbst Konkurrenz.

Nachdem wir uns dann bei der Edeka beworben haben, haben wir 2010 den Markt in der Bahnhofstraße übernommen und wieder viel Geld in die Hand nehmen müssen, um Ware, Inventar und Geräte abzulösen. Das Personal wurde mit übernommen und damit wurden zwei Märkte parallel betrieben.

Übrigens habe ich erst dann mit den Hausschlachtungen aufgehört, die wenn am Abend stattfanden, da das auch zeitlich einfach nicht mehr machbar war.

Unseren Kindern hat es an nichts gefehlt. Sie haben früh im Trachtenverein, bei den Trommlern oder der Musikkapelle angefangen. Alle drei sind musikalisch gut integriert. Und jeder hat seine Aufgabe, auch im Dorf.

Aus den zwei Läden hier in Uffing sind mittlerweile vier geworden. Ein weiterer in Iffeldorf und einer in Bad Kohlgrub.

Für Hobbys bleibt uns keine Zeit. Mal im Sommer in den See zum Schwimmen gehen oder gemeinsam Radfahren sind eher die Ausnahme. Ein paar Stunden in Gesellschaft mit Freunden und irgendwo „a Gaudi“ ist uns mehr Wert wie jeder Urlaub. Wozu auch, wenn es bei uns so „schee“ ist.

Obwohl mir, Wolfgang, wenig freie Zeit bleibt, ist mir der Ort wichtig. So bin ich seit 2020 im Gemeinderat im Finanzausschuss und Vereinesprecher. Ich nehme mir gerne die Zeit für die Vorbereitung, da mich auch die Vorgeschichte von Tagesordnungspunkten und die Zusammenhänge interessieren und mir die Gemeinde einfach wichtig ist.

1996 war in Söchering ein Trachtenfest und wir waren damals mit unserem alten Auto drüben, das „sternvolldreck“, rundum verstaubt war. Josef Gruber schrieb damals in den Staub der Heckscheibe: „Der Trachtenverein Uffing grüßt Käse Mayr.“ Käse Mayr deshalb, weil er die Molkerei mit unserer großen Käseauswahl kannte.

Seitdem waren wir, ähnlich einem Hausnamen, immer die „Käse Mayrs“. Selbst unsere „Buam“ waren nie einfach nur die Mayrs, sondern immer, ob nun gewollt oder nicht, die „Käse-Mayr-Buam“.

Nach kurzem Hin- und Herüberlegen, trug so auch unser erster Kühlwagen die Beschriftung „Käse Mayr“, da wir uns damit einfach identifizieren konnten.

Und immer wieder, wenn der Anhänger irgendwo rumsteht, fragen die Leute, was das mit Käse Mayr zu tun hat. Und jedes Mal erzähle ich dann gern die Geschichte, die vor vielen Jahren mit einem dreckerten Auto anfing.

Sascha Chowdhury, nach einem Gespräch mit Martina und Wolfgang Mayr am 15. Februar 2025

(veröffentlicht in Hoagart 15 | April 2025, siehe unten, Seite 12)

 

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