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Bäume und ihr Klima

Bäume und ihr Klima

Bäume und ihr Klima

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Bürger | veröffentlicht am: 29 Juni 2022 | bearbeitet am: 26 Juni 2022

Wirkung einzelner Bäume auf das Klima ihrer Standorte

Wald und Einzelbäume
Thema sei die Wirkung einzelner Bäume auf das Klima ihrer Standorte. Bei einem dichten Bestand einander fast berührender Kronen oder Wipfel, einem reifen Wald, bilden diese eine über den Erdboden abgehobene neue der Atmosphäre zugewandte Oberfläche. Somit besteht in Höhe der Stämme ein eigener Luftraum zwischen Boden und dem «Dach» aus Ästen und Zweigen.
Einzeln stehende Bäume, auf die sich das Folgende bezieht, stellen in den Luftraum sich erstreckende, ringsum von freier Luft umgebene Körper dar. Einzelbäume sind, im Unterschied zu einem Waldbestand, seitlich um 360 Grad der Atmosphäre ausgesetzt und stehen frei mit ihr in Wechselwirkung. Von «Störungen», etwa nahen Gebäuden, sei hier abgesehen.

Der Mensch und seine Bäume
Bäume sind Lebewesen, sie verdienen unsere Achtung. Manche von ihnen, die ihr Leben in Uffinger Gärten und Anlagen verbringen, sind als Kleine in einer Baumschule größer gezogen worden, bis sie ihre Liebhaber fanden. Oft werden von einem Baum mehrere Rollen erwartet: Manche sollen hauptsächlich Früchte bringen, andere Schatten spenden, vor Wind schützen, mit ihren Blüten Menschen und Bienen erfreuen, Heim für Vögelchen und Insekten bieten, Kohlendioxid binden. Entsprechend vielfältig sind zwar die Bäume, haben aber klimatisch gleiche Wirkungen.
Bäume lockern das Landschaftsbild auf, wirken dem uniformen Eindruck bebauter Flächen entgegen, holen «die Natur» in größerer Skala als Blümchen zu den Menschen. Bäume sind Teil des psychologischen „Wohnklimas“. Allerdings, Bäume wachsen, manchmal mehr als bedacht. Man kann Bäume beschneiden und tut dies zielgerichtet im Obstbau. Aber „artgerecht“ ist das kaum.

Bäume als Lebewesen
Von Bedeutung für das Ortsklima ist unter anderem, dass Bäume über regulierbare Öffnungen (Stomata) in ihren Atemorganen Wasserdampf abgeben (transpirieren) und mit diesem im Dampfzustand gebundene Wärme. So können Bäume ihr Laub oder ihre Nadeln gegen schädliche Erhitzung schützen. Darüber hinaus wird Wasserdampf über Respiration (Atmung) abgegeben.
Durch Photosynthese werden mittels Energie der Sonnenstrahlung biologische Produkte aufgebaut, bei Respiration verbrannt und in biologische Energie umgesetzt. Die Respiration geht bei Licht und Dunkelheit kontinuierlich vor sich. Die Photosynthese, damit die Bindung atmosphärischen Kohlenstoffs und Abgabe von Sauerstoff, sind auf die Gegenwart von Sonnenstrahlung beschränkt.
Bei Tage wird der Luft mehr Kohlendioxid entzogen als zurückgegeben, nachts aber über die Atmung dieses Gas bei Windstille entsprechend der Atemkapazität eines Baumes in dessen bodennaher Luft angereichert. Allgemein ist im Herbst über der Nordkalotte dank der Vegetation die Konzentration von Kohlendioxid etwas verringert, nach der Winterruhe aber erhöht. Beim Aufbau biologischer Masse wird das «Klimagas» Kohlendioxid, auf Zeit gebunden. Bäume sind Kohlenstoff-Lager, bis sie verbrannt werden oder verrotten. Ein dauerhafter Kohlenstoffspeicher sind sie nicht.

Bäume als Wasserpumpen
Durch ihre Wurzeln nehmen, wie alle Vegetation, Bäume in Wasser gelöste Nährstoffe auf. Diese, auch das Wasser, werden dem Boden entzogen. Durch Laub- oder Nadelfall kehrt Material zum Boden zurück und wird abgebaut. Doch um die Masse, die ein Baum zulegt, verarmt der Boden. Die Biomasse, die als Baum aufgebaut wird, kann ein erhebliches Gewicht erreichen. Das muss der Boden tragen und Spannungen ausgleichen.
Niederschlag bleibt teilweise in der Krone hängen und verdampft. Teilweise tropft er ab, zuweilen abseits des Wurzeltellers. Unter Nadelbäumen sammelt sich nahe dem Stamm wenig Schnee, wenn er an hängenden Zweigen abgleitet. Doch erhält der Stamm Regenwasser, das über Zweige zum Stamm rinnt.
Die Wassermenge, die von einer Bodenfläche aus Bodenporen und vielleicht einer Wiese «verdunstet» (= evapotranspiriert), erhöht sich in der Regel durch einen Baum. Die Fläche, auf der der Boden von Wurzelwerk auf Wasser abgeweidet wird, steht im Verhältnis zur Flächengröße der Atmungsorgane der Bäume. Durch seinen Metabolismus hebt ein Baum, verglichen mit einer Wiese, ein großes Wasservolumen/Zeit aus dem Boden durch Stamm und Geäst in die Atmungsorgane. Ohne Wind und Luftaustausch ist die Menge an Wasserdampf innerhalb und um den Laub- oder Nadelraum groß.

Bäume als Kühler
Verdampfung, hier Transpiration über die Atmungsorgane, bedeutet, dass fühlbare Wärme, messbar als Temperatur, im Dampfzustand des Wassers gebunden wird. Diese Wärme wird den 

den Atmungsorganen und der sie umgebenden Luft entzogen. Dadurch sind Bäume nicht nur Wasserpumpen, sondern auch über den Dampf Wärmesenken. In wärmerer Umgebung, kühle Luft ist schwerer als warme, sinkt die kältere dem Boden zu.
Große Intensität von Photosynthese, Metabolismus und hohe Temperatur in sonnenbestrahlten Bäumen und in der Luft treten in der warmen Jahreszeit gewöhnlich nachmittags ein. Transpiration kann Kronen- oder Nadel-Raum an heißen Tagen zu Wärmesenken machen und zu einer vom Menschen erwünschten Kühlung beitragen.

Bäume als Windbremse
Wind ist bewegte Luftmasse, stellt Bewegungsenergie dar. Durch Reibung an vielfältigem Geäst, weiter sehr verstärkt durch Blattwerk oder dichtes Nadelwerk, geht ein Teil der Energie in Wärme über. Bei starkem Wind wird seitlich eines dichten Baumes, ein Hindernis im Luftstrom, Luft vorbeigepresst und dadurch die Windgeschwindigkeit erhöht. Bei schwachem Wind kann dieser innerhalb des Kronenraumes fast zum Erliegen kommen.
Generell brechen Bäume den Wind in eine Kaskade großer und immer kleinerer Wirbel auf. Ein Teil der von Bäumen aufgenommenen Bewegungsenergie wird in den Boden abgeleitet, geht über die elastische Bewegungsarbeit der Äste und des Stammes sowie des Wurzelwerks in Wärme über. Der Boden wird gelockert bis hin zur Entwurzelung. Auch entlaubte Bäume bremsen Wind, wenn auch vermindert relativ zu Nadelbäumen.

Bäume und Strahlung
Aus der Energie der Sonnenstrahlung werden vor allem die dem menschlichen Auge als blau und rot erscheinenden Wellenlängen durch die Photosynthese umgewandelt, das heißt absorbiert. Das Grün dagegen wird verstärkt reflektiert und auch durch die Atmungsorgane hindurchgelassen (= trans-mittiert). Daher werden diese als grüne Objekte gesehen, das Licht darunter mit einem „Grünstich“ aufgefasst. Den infraroten Bereich („Wärmestrahlung“) reflektieren Laub und Nadeln sehr stark.
Die photosynthetisch aktive Sonnenstrahlung, der bereits vom Laub- oder Nadelraum eines Baumes absorbierte Anteil, fehlt in der den Boden erreichenden Strahlung. Die Vegetation unter Bäumen muss mit der transmittierten und der seitlich gestreuten, zeitweise auch direkt einfallenden Sonnenstrahlung auskommen.
Der Stamm eines Baumes erscheint dunkel, da ein großer Anteil der Sonnenstrahlung absorbiert wird. Ein Stamm wird dadurch zu einer seiner Temperatur entsprechenden infraroten Strahlungsquelle. Dies ist eindrucksvoll zu sehen als „Schmelzteller“ in einer Schneedecke.
Die von Körpern auf irdischer Temperatur ausgehende infrarote Strahlung vom Boden her wird von einer Baumkrone darüber absorbiert und deren Temperatur entsprechend wieder zum Boden gestrahlt. Dadurch kann die nächtliche Abkühlung durch Ausstrahlung unter einem Baum gering bleiben, sichtbar an fehlendem Reif unter einem Baum. Allerdings wird an der Oberseite einer Krone, auf Kosten ihrer Temperatur, Energie gegen den Himmel abgestrahlt. Kaltluft sinkt zum Boden und kann auch seitlich unter die von Ästen abgedeckte Bodenfläche fließen.

Bäume und Schattenwurf
Von Schatten ist alltäglich die Rede, wenn ein Objekt oder eine Fläche gegen direkte Sonnenstrahlung abgeschirmt ist. Dennoch ist es im Schatten-Raum nicht finster. An Molekülen der Luftgase und an Kanten von Objekten, hier Ästen und Blättern, wird Licht in die Richtungen des Raumes gestreut (umgelenkt).
Die Schattenlänge und damit auch Breite auf einer horizontalen Fläche errechnet sich (rechtwinkliges Dreieck) aus der Höhe des vertikal stehenden Baumes und der Höhe der Sonne in Grad über dem Horizont. Die Sonnenhöhe ändert sich mit Tages- und Jahreszeit, abhängig von der geographischen Breite und Länge. Da die Sonnen- und die (erwartete) Baumhöhe bekannt sind, lassen sich Werte des Schattenwurfes für alle Tage und Uhrzeiten eines Halbjahres leicht berechnen, heute auch elektronisch.
Durch Streuung tritt „Halbschatten“ auf: Die Grenzen eines Baumes sind diffus durch Graustufen der Helligkeit zu erkennen. Bei bewölktem Himmel und stark in den Wolken gestreutem Licht erkennt das Auge nur noch Unterschiede der Helligkeit.
Je nach Licht- und Wärmeansprüchen von Pflanzen oder Personen ist Schatten erwünscht oder nicht. Kahle Laubbäume, im Gegensatz zu Nadelbäumen, ergeben in der lichtarmen Jahreszeit ein Schattenfeld von weniger geschwächtem Licht. Das ist gelegentlich erkennbar an Schnee oder Reif, welche im Schatten eines entlaubten Baumes schmelzen, eines Nadelbaumes aber liegen bleiben.

Reinhard Mook

Foto „Harmonisches Zusammenspiel reifer Bäume mit Haus und Garten“ © Heimatmuseum Uffing

(veröffentlicht in Hoagart 04 | Juli 2022, siehe unten, Seite 56)

 

Juli 2022

ClimateID Tracking (Umwelt-Zertifikat Hoagart)

 

Redaktion (ehrenamtlich)
Sascha Chowdhury (Redaktion Hoagart)
Redaktionsteam: Sascha Chowdhury (Redaktionsleitung, Bürger, Gewerbe, Kommune), Franz Huber (Kunst und Kultur), Reinhard Mook (Natur und Philosophie)

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